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Meine Begegnung mit Ursula Ackrill in Hermannstadt und Bukarest im Februar 2016

Mit ihrem ersten und neuen Roman im Gepäck landete Ursula Ackrill nach Jahren der Abwesenheit vor Tagen auf dem Hermannstädter/Sibiu Flughafen, die Karpaten hatte sie überflogen, die Stadt am Cibin war ihr vertraut. Ihren Debutroman „Zeiden im Januar“ der bereits für Aufregung und Ärger gesorgt hatte stellte sie im Deutschen Kulturzentrum in der Strada Postei vor. Viele Zuhörer waren gekommen, man sprach von neunzig. Frau Ada Tanase die Leiterin des Instituts empfing mit freundlichen Worten die Gäste, die Deutsche Konsulin Frau Judith Urban wies auf die Nominierung des Romans zum Leipziger Buchpreis, wies auf die hohe literarische Auszeichnung hin. Viel ist über Siebenbürgen, auch über die Vergangenheit des Landesteiles inmitten der Karpaten geschrieben worden, doch nur wenige haben sich der nationalsozialistischen Zeit, wie Ursula Ackrill, gestellt. „Zeiden im Januar“ ist ein Roman der gefallen will, kein Roman zum Ausruhen, er soll anregen und reflektieren. Beatrice Ungar, die Germanistin, Journalistin, Übersetzerin und Zeitungsherausgeberin, stellt Ursula Ackrill in Lebensbildern vor, moderiert durch den literarischen Abend, stellt wissende Fragen, die ebenso wissend beantwortet werden. Die Initialzündung zu diesem Roman waren die Großeltern, die sie, die Autorin, jahrelang belauschte, wichtig waren diese nahestehenden Menschen für sie. Den Großvater beschreibt sie als begnadeten Geschichtenerzähler. Ursula Ackrill meinte im Gespräch, daß die Rumäniendeutschen, die Siebenbürger Sachsen, die Großeltern in der Nationalsozialistischen Zeit verführt wurden, hatten die Entwicklung nicht in der Hand, eine unreflektierte Nähe zur Nazizeit blieb, sie nahmen die damalige Zeit, nahmen das damalige Unrecht in Schutz. Die negativen Energien in der Familie spürte sie stark, die latente unreflektierte Nähe zum Ditten Reich ebenso. Über das Unrecht an der jüdischen Bevölkerung wurde nie gesprochen. Ursula Ackrill wollte mit ihrem Roman, mit diesem Thema eine Lücke schließen, wie wir im Gespräch mit Beatrice Ungar erfahren, wir erfahren auch, daß für sie die Realität stärker war, sie einfach das Gehörte aufnehmen und darüber schreiben mußte. Bereits in der Schule war für sie Schreiben, waren Aufsätze wichtig, ein zukünftiges Leben als Schriftstellerin stellte sie sich schon damals vor.

Ursula Ackrill. Foto: Wollmann-Fiedler

Ursula Ackrill. Foto: Wollmann-Fiedler

Ursula Ackrill ging in Zeiden/Codlea zur Volksschule, wurde in Kronstadt/Brasov 1974 geboren, ihre geisteswissenschaftliche und humanistische Neigung wurde im Pädagogischen Lyzeum in Hermannstadt aus- und weitergebildet, der Grundstock zum späteren Studium der Germanistik und Orthodoxen Theologie gelegt. Aus der siebenbürgisch sächsischen provinziellen Enge wollte Ursula, die Tochter einer Rumänin und eines siebenbürger Sachsen, fliehen, entschied sich für ein Studium an der Bukarester Universität. Selbständiger wurde sie und freier fühlte sie sich in der walachischen Großstadt, wollte und konnte endlich Rumänien aus der Perspektive der Rumänen kennengelernen. Die rumänische Kultur wurde außen vorgelassen, war weit weg in den Gedanken der Rumäniendeutschen inmitten der Karpaten. Ein kurzzeitiger Aufenthalt in Deutschland folgte, doch kehrte Ursula Ackrill zurück nach Bukarest und beendete das dort begonnene Studium mit dem Bachelor mit einer Arbeit über Theodor Fontane. Die Auswanderung auf die Britische Insel folgte, für einen Masterabschluß der Informationswissenschaft an der Loughborough Universität schrieb sie über Art Spiegelmans „Maus“, über Christa Wolf promovierte sie. Auf der Britischen Insel fühlt sie sich zuhause, die gute und konstante Beziehung zu ihrem Partner beflügelten sie zu dem Roman, der im Jahr 2015 im Verlag Klaus Wagenbach in Berlin erschien. Als Bibliothekarin und Schriftstellerin lebt sie in Nottingham im Vereinigten Königreich Großbritannien.

Ursula Ackrill und Eginald Schlattner, der Pfarrer und Schriftsteller in Rothberg/Rosia, setzten das Gespräch unter Dichtern auf dem Pfarrhof von 1762, fort. Diskurse über das Schreiben, über Literatur, die Historie Siebenbürgens, über das Verlassen der sächsischen Dörfer vor fünfundzwanzig Jahren, über Gott und die Welt etc. etc. Der Weg zur alten romanischen Kirche aus dem Jahr 1225 ist ein Katzensprung.

Ursula Ackrill und Beatrice Ungar bei der Lesung in Hermannstadt. Foto: Wollmann-Fiedler

Ursula Ackrill und Beatrice Ungar bei der Lesung in Hermannstadt. Foto: Wollmann-Fiedler

Tage später trifft sich das deutschsprachige interessierte Publikum im Goethe Institut in Bukarest in der Strada Tudor Arghezi wieder. Die Leiterin Frau Dr. Evelin Hust freut sich über das Interesse an der Lesung, an dem Buch von Ursula Ackrill „Zeiden im Januar“. Die Lesung war Auftakt einer neuen Lesereihe des Goethe Instituts, zeitgenössische Literatur aus Deutschland dem rumänischen Publikum vorzustellen. Der Germanist, Literaturwissenschaftler, Übersetzer und Autor, Universitätsprofessor Gabriel Horatiu Decuble aus Bukarest, unternahm zusammen mit der Autorin Ursula Ackrill einen Streifzug durch ihren Roman, läßt das Jahr 1941 in Zeiden und Bukarest in Szenen rückblickend vorbeiziehen. Die Schriftstellerin erzählt über den Faschismus, muß dem Publikum in Bukarest den Faschisten Atonescu nicht vorstellen, der damals jüdische Familien aus den Wohnungen schleifte, sie folterte, ihnen ihr gesamtes Hab und Gut nahm, über neunzig Juden im Wald erschießen, andere an Fleischerhaken im Schlachthaus aufhängen ließ. Mehr ist bei Wikipedia zu lesen: „Unter der Regierung Antonescu fielen hunderttausende Juden durch von der rumänischen Armee verübte Massaker und ethnische Säuberungen oder in Arbeitslagern dem Holocaust zum Opfer. Zur Verantwortung der Regierung Antonescus gehört auch die Deportation von rund 25.000 Roma. Zwischen 11.000 und 20.000 der 25.000 starben aufgrund von Hunger, Kälte, Krankheit und anderen Mangelbedingungen“.

Ursula Ackrill kramte die Geschichten und das Gefühlte von damals hervor und schrieb was sie nicht lassen konnte. Ohne Agentur und Vermittlung verschickte sie im Jahr 2013 das Manuskript und wartete… Sie sah sich bereits als gescheiterte Literatin! Darüber nachzudenken ist heute müßig, bereits 2015 wurde der Roman von Ursula Ackrill, der soeben im Verlag Klaus Wagenbach in Berlin erschienen war, zum Leipziger Buchpreis nominiert. Eine steile Karriere für einen ersten Roman.

Von Christel Wollmann-Fiedler

 

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Von am 26/02/2016. Abgelegt unter Welt. Sie knnen alle Antworten zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0. Kommentare und pings sind derzeit geschlossen.

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