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Zeitgeschichte in den Israel Nachrichten: Was die Nazis 1941 in Bezug auf den russischen Winter zu berichten wussten

Beginnen wir unsere Zeitreise mit dem Propagandaminister des Nazi-Reiches: Die Anweisungen, aus der geheimen Goebbels-Konferenz an die deutsche Presse begannen am 18. November 1941 mit folgenden Worten: „Über die Versorgung der Truppen im Osten mit Winterausrüstung wird mitgeteilt: Die für die Truppe notwendige Winterbekleidung, Pelze, Fahrmäntel, warme Unterkleidung usw., ist bereits im Sommer vorsorglich besorgt worden. Sie liegt an den Endpunkten der Eisenbahn zur Ausgabe an die Truppe bereit. Zum Teil ist mit der Ausgabe auch bereits begonnen worden.“ Das jedoch war schon eine glatte Lüge, denn als der Winter hereinbrach, waren die deutschen Angreifer, die mittlerweile vor Moskau standen, weder mit der notwendigen Winterbekleidung versehen, noch stand diese zur Ausgabe bereit.

Propagandaminister Joseph Goebbels. Foto: Archiv

Propagandaminister Joseph Goebbels. Foto: Archiv

Ende Dezember 1941 lief deshalb die von Goebbels schon im Sommer geforderte „Wollsammlungsaktion“ im Reich an, die aber der Chef des Führungsstabes im Oberkommando der Wehrmacht – OKW – , General Alfred Jodl, wegen der Rückschlüsse, welche die deutsche Bevölkerung daraus möglicherweise hätte ziehen können, zunächst vehement abgelehnt. Er hatte Goebbels mit den Worten: „Im Winter? Da sitzen wir in warmen Quartieren von Leningrad und Moskau. Das lassen Sie nur unsere Sorge sein“, beruhigt. Aber im November 1941 sah die Sache nun ganz anders aus. NOCH war es nicht die sowjetische Gegenoffensive, die der „Großdeutschen Wehrmacht“ zu schaffen machte, sondern „nur die Kälte“. Das hätte die Zivilbevölkerung in Nazi-Deutschland den Anweisungen vom 18. November entnehmen können, wenn sie davon Kenntnis erhalten hätte, und das konnten die die so angewiesenen „Schriftführer“ ihr tatsächlich entnehmen, denn in Bezug auf die angeblich bereitliegende Winterbekleidung für die Truppe hieß es hier: „Die Ausgabe wird erschwert durch die Transportlage, so dass eine gewisse Verzögerung unvermeidlich ist. Es ist daher unzweckmäßig, auf die Winterausrüstung der Truppe, wie es an sich zur Beruhigung der Bevölkerung erwünscht wäre, bereits jetzt zu sprechen zu kommen. Die Folge würde sein, dass aufgrund von Nachrichten in der Presse die Soldaten an ihre Angehörigen schreiben würden, dass sie die Winterbekleidung noch nicht erhalten haben. Damit würde das Vertrauen in die deutsche Nachrichtengebung in einem wichtigen Punkt erschüttert“.

Deutlicher hätte man die mangelhafte Versorgung der deutschen Truppen kaum eingestehen können. Die damaligen Leser der Zeitungen in Deutschland konnten nicht wissen, was die ihnen von Goebbles dirigierte Presse ihnen vorenthielt und was man heute in den Geschichtsbüchern nachlesen kann: Am 5. Dezember 1941 begann die sowjetische Gegenoffensive, welche die vom Winter zermürbten deutschen Aggressoren im unwegsamen Gelände vor Moskau endgültig zum Halten und Rückzug zwang.
Propaganda-Kompanien: Die Abkürzung „PK“ steht für das erste Wort. Es war eine, bereits im Jahre 1938 eingerichtete Truppengattung der Wehrmacht und der Waffen-SS, die den Auftrag hatte, das Militär und die Bevölkerung in Deutschland, aber auch äußere Gegner des Nazi-Regimes in dessen Geist und Interesse zu beeinflussen. Im Winter 1941/42 waren die fünf Propaganda-Kompanien noch den Nachrichtentruppen zugeteilt.

Es zeigt die zunehmende Bedeutung der Propaganda für das Regime, dass sie im Oktober 1942 den Status einer eigenständigen Truppengattung – Kennungsfarbe: Lichtgrau – erhielten. Zusammen kamen die „PK“ auf eine Stärke von rund 15.000 Mann, die bis Ende des Krieges etwa 80.000 Wortbeiträge und zwei Millionen Fotos produzierten. Der Verluste der Propaganda-Kompanien waren vergleichsweise gering. Bis zur Kapitulation am 8. Mai 1945 hat nur jeder fünfte Kriegsberichterstatter sein Leben im Dienst der Nazi-Propaganda gelassen. Einige maßgebliche Medienleute der Bundesrepublik Deutschland – Journalisten, Dreh- und Buchautoren, Verleger, Werbemanager, Demoskopen und Rundfunkintendanten haben als Angehörige der „PK“ und Kriegsberichter dem Nazi-Regime gedient, so Henri Nannen – 1913-1996, „Stern“ – , Peter von Zahn, – 1913-2001, „Windrose“ – , Lothar-Günther Buchheim, – 1918-2007, „Das Boot“ – , C.W. Ceram/Kurt W. Marek, – 1915-1972, „Götter, Gräber und Gelehrte“ -, Herbert Reinecker, – 1914-2007, „Derrick“ -, Ernst Rowohlt, – 1887-1960 -, Hans Schwarz van Berk, – 1902-1973 -, „Ilja Rogoff“, Karl-Georg von Stackelberg, – 1913-1980 – EMNID, oder Karl Holzamer, – 1906-2007, ZDF.

Von 1952 bis 1966 erschien in Hamburg unregelmäßig ein Mitteilungsorgan für die früheren Angehörigen der „PK“ namens „Die Wildente“, das vom Ex-Kriegsberichterstatter, Mitglied der SA, SS und NSDAP Günther Heysing, geboren im Jahre 1911, herausgegeben wurde. Heysing hat außerdem lange Zeit als Agent für den Bundes-Nachrichten-Dienst (BND), „Deckname Hecht“, Nummer 12619, gearbeitet und stets intensiv das Ziel verfolgt, angebliche Zeitungsenten über die Verstrickung der Wehrmacht Hitlers und ihrer Propagandatruppen in die Nazi-Verbrechen aus der Welt zu schaffen. Demselben Zweck diente ein mit Zitaten aus der „Wildente“ angereichertes, 1962 in der Reihe der Scharnhorst-Buchkameradschaft „Die Wehrmacht im Kampf“ herausgekommene Buch „Die Propagandatruppen“ des Generalmajors außer Dienst Hasso von Wedel, vordem Leiter der Amtsgruppe Wehrmachtspropaganda beim Oberkommando der Wehrmacht und in dieser Funktion auch Chef der Propaganda-Kompanien.

Wenden wir uns nun einer besonderen Art der Gegenpropaganda zu: „Front Illustrierte“: Dass die optisch beeindruckende „Front Illustrierte“, die der sowjetische Gegner während der ganzen Kriegszeit an deutsche Soldaten verteilte, schon im sptember 1941 behauptete, die deutschen Armeen hätten drei Millionen Opfer allein an der Ostfront zu beklagen, war hingegen eine Propaganda-Lüge, die möglicherweise mehr zum Durchhaltewillen als zur angezielten Fahnenflucht deutscher Soldaten beigetragen hat. Auf etwas über drei Millionen beliefen sich die militärischen Verluste der Deutschen an allen Fronten des Zweiten Weltkriegs. Der deutsche Überfall hat von den Russen einen ungleich höheren Blutzoll gefordert, nämlich an die 14 bis 14 Millionen tote Soldaten. Im Angesicht der zunehmenden Unglaubwürdigkeit von Siegesmeldungen änderte der Minister für „Volksaufklärung“ und Propaganda nun die Strategie.

Am 7. Dezember 1941 teilte Goebbels der deutschen Presse wie immer vertraulich mit: „Die bisherige Propaganda hat den grundlegenden Fehler gemacht, daß sie das deutsche Volk durch Fernhaltung jeder unangenehmen Nachrichten überempfindlich für etwaige vorübergehende Rückschläge gemacht hat. Die Bevölkerung weiß im allgemeinen mehr über die Gesamtlage, als sich lediglich aus der Presse ergibt, und sie verträgt und verlangt, daß man ihr auch unangenehme Wahrheiten mitteilt. Churchill hat es richtig gemacht (!), als er kurz nach Beginn des Krieges den Engländern <Blut, Schweiß und Tränen> in Aussicht stellte. Die deutsche Propaganda, die selbstverständlich den berechtigten Optimismus hinsichtlich des Kriegsausgangs immer zu ihrer Grundhaltung machen muß, soll in allen Zweigen in Zukunft mehr realistisch gehalten sein..!“
Die Sowjets wussten es; – Goebbels wusste es: Wenn Propaganda wirksam sein soll, darf sie sich bei allen Beschönigungen und Lügen nicht zu weit von den Erfahrungen ihrer „Empfänger“ entfernen.

Und das gilt für die Massenkommunikation überhaupt; – damals wie auch heute in unseren Tagen.

Von Rolf von Ameln

 

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Von am 03/07/2016. Abgelegt unter Spiegel der Zeit. Sie knnen alle Antworten zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0. Kommentare und pings sind derzeit geschlossen.

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