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Aus der Geschichte der zivilen Luftfahrt: Imperial Airways und der Sprung nach Australien

Man schrieb das Jahr 1930 und Charles Kingsford Smith schrieb nieder: „Ich blickte nach vorne auf die lange Linie des Horizonts, sah vor mir die ausgebreitete Karte, studierte meinen Kompass und schaute wieder nach vorn, auf der Suche nach diesem Fleck am Horizont, der mir anzeigte, dass ich mich der Brathurst-Insel näherte und Australien in Sicht war. `Und da war er!´ Ich befand mich genau auf Kurs. Die lange Seestrecke lag hinter mir. Ich hatte es geschafft und stimmte vor Freude ein Lied an – aber es wurde vom Brummen der Gipsy übertönt. Ich schwenkte über Clarence Strait ein und sah die Dächer von Darwin. Dann fing ich an, mit meiner Maschine zu kreisen und landete schließlich am 19. Oktober um 13.50 Uhr in Fanny Bay. Dies war historischer Boden, denn hier waren vor elf Jahren zwei andere Smith gelandet!“

Imperial Airways. YouTube screenshot

Der Autor dieser Zeilen war Vorsitzender der Australian National Airways, seine Maschine war eine Avro Avian. Er hatte die Strecke von Heston, außerhalb Londons, in weniger als zehn Tagen bewältigt. Die anderen beiden „Smith“, an die er dachte, waren Ross und Keith Smith, die 1919 die Route in einem Vickers Vimy-Bomber in knapp 28 Tagen geflogen waren und damit einen von der australischen Regierung ausgesetzten Preis von 10.000 Pfund gewonnen hatten. Die Flugroute nach Australien war erschlossen und die englische Regierung zeigte großes Interesse an einer Post- und Passagierverbindung zu der am weitesten entfernten Ecke des Empire; dennoch geschah jahrelang sehr wenig.

Im Jahre 1924 flog eine Fokker F.VII der KLM von Amsterdam nach Batavia in Niederländisch-Ost-Indien. Ein Jahr später unternahm Alan Cobham mit Sir Sefton Brancker einen Flug nach Rangun, um dann die Australien-Route zu erforschen. Am 30. Juni 1926, gerade drei Monate nach seinem historischen Flug nach Kapstadt und zurück, startete Cobham zu einem Flug von Rochester nach Adelaide. „Ich kann mich noch genau an den Moment erinnern, als die Idee geboren wurde. Ich war mit Freddy Tymms zusammen; wir versuchten, Informationen für den Kap-Flug zu bekommen, wobei ich etwas über das mangelnde Interesse der Regierung an der zivilen Luftfahrt murmelte.

Plötzlich hatte Collins, Tymms Assistent, eine glänzende Idee. `Warum besorgen Sie sich nicht ein Wasserflugzeug oder ein Flugboot von Shorsts in Rochester, fliegen damit die Themse hinauf, landen gegenüber dem Parlament und überreichen dort eine Petition?´— Da hatte ich einen Geistesblitz. Wenn ich nun nach Australien flöge…die ganze Aktion als einen Flug von Rochester zum englischen Parlament deklarierte, und ganz nebenbei erwähnte, dass ich einen Umweg über Australien nähme – so als handelte es sich dabei um ein unbedeutendes Detail?“ Cobham vereinbarte mit Shorts die Herstellung von Schwimmern für seine D.H.50 und organisierte auf seinem Rückflug vom Kap zusätzliche Ersatzteile: „Der Flug begann gut.

Zwar war das Wasser absolut ruhig – und ein Wasserflugzeug startet leichter von einer etwas bewegten Wasseroberfläche -, aber der Motor sprang beim ersten Drehen an, und ich ging auf volle Leistung. So konnte ich die Maschine aus dem Wasser heben und – nach einer alarmierend langen Startphase – in die Luft ziehen. Ich blieb vorerst unten, um Geschwindigkeit zu gewinnen, und stieg dann weiter auf, ohne zu kreisen. So flog ich, immer schneller werdend, über die in der Dämmerung liegenden Felder von Kent hinweg.“ Cobhams Besorgnis war berechtigt. Der Flug verlief während der ersten Tage gut, bis auf den Start in Bagdad: „Wir gerieten in einen Sandsturm, und ich musste recht niedrig über das große Sumpfgebiet fliegen, das im Nordosten von Basra liegt.

Die schlammigen, braunen Gewässer unter mir gingen in das staubige Braun der Luft über und ließen keinen klaren Horizont erkennen. Plötzlich erschütterte eine heftige Explosion die Maschine. Ich rief hinunter nach Elliot, der sich in der Kabine befand. Sein Arm blutete stark. Eine Treibstoffleitung, die vom Reservetank zum Haupttank auf der oberen Tragfläche führte, war geborsten. Die Maschine wurde zu einem RAF-Dock gebracht. Dort stellte man fest, dass das Flugzeug vom Boden in einem Winkel von ungefähr 45 Grad beschossen worden war. Die Kugel hatte eine Meldetasche, die ich dem australischen General-Gouverneur übergeben sollte, anschließend noch die Treibstoffleitung, Elliots Arm und seine Lungenflügel durchschlagen!“

Cobham konnte sich nur schweren Herzens zum Weiterflug entschließen, aber die ermutigenden Telegramme seiner vielen Förderer überzeugten ihn schließlich. Zudem stellte die RAF Sergeant A.H. Ward, einen erstklassigen Ingenieur, als Begleiter ab. „Also flogen Ward und ich weiter – von Basra nach Buschir und Karatschi, dann direkt durch Indien über Bahalwapur und Delhi, über Allahabad, Kalutta, Sumatra und Java nach Timor und schließlich über das große Wasser nach Darwin. Dort hoben wir mit Hilfe der Marine die Maschine aus dem Wasser und bauten sie in ein Landflugzeug um. Die Schwimmer ließen wir zurück, um sie auf unserem Rückflug wieder benutzen zu können.

Anschließend flogen wir ohne weitere Vorkommnisse über die Städte Melbourne und Adelaide. Danach wandten wir uns nach Norden und flogen mehr oder weniger den gleichen Weg zurück, um pünktlich auf der Themse in Westminster zu wassern. Es ollte nicht ganz leicht werden. Der Wind blies kräftig über den Fluss und ich kreiste einige Male, um die Situation zu überdenken, und entschied mich, von Osten aus runter zu gehen. Ich nahm den Leistungshebel zurück und senkte die Nase ab, gab etwas Querruder und steuerte dann gegen, sodass wir seitlich über die Westminster-Brücke abtrieben und vor dem Krankenhaus St. Thomas auf dem Wasser aufsetzten…Es war der 1. Oktober 1926.“

Im Jahresbericht von Imperial Airways wurden weder Cobhams Flug noch die Absicht erwähnt, in absehbarer Zeit Flüge nach Australien aufzunehmen. Der Beweis, dass die Route zu bewältigen war, blieb einzelnen Piloten überlassen. Am 17. Februar 1928 kletterte ein untersetzter Mann in einem langen Zweireiher in Croydon an Bord seiner Avro Avian und startete in den Nebel. Es war Bert Hinkler, der bereits acht Jahre zuvor versucht hatte, Australien in einer Avro Baby zu erreichen, und den Rekord für diese Route brechen wollte. Trotz einiger Verzögerungen erreichte er Darwin in 15 Tagen. Im Jahr zuvor hatte die australische Regierung mit einer Reihe von Versuchsflügen nach Singapur begonnen.

Schließlich wurde am 28. Februar 1928 ein regelmäßiger Liniendienst von zwei Singapur-Flugbooten aufgenommen. In der Zwischenzeit verhandelte Imperial Airways mit der indischen Regierung über Postflüge nach Delhi. Eine D.H.66 der Imperial Airways, von der Indian State Air Service gechartert, beförderte dann am 28. Dezember 1928 die erste Post von Karatschi nach Delhi. Am 1. April 1931 gab das Postministerium einen Vertrag zwischen der RAF, Imperial Airways und Quantas – Queensland and Northern Territories Aerial Services – bekannt. Es waren zwei Postrundflüge nach Sydney vereinbart, die eine Verlängerung der London-Delhi-Route über Allahabad, Kalkutta, Akyab, Rangun, Viktoria Point in Burma, Singapur, Surabaya, Koepang und Darwin vorsahen.

Hier sollte dann die Gesellschaft Quantas die Post für die Zustellung und Verteilung in Australien übernehmen. Das erste Flugzeug, die D.H.66 „City of Kairo“, verließ London am 4. April: die Mission endete am 15. April auf der Insel Timor. Der Pilot hatte, als der Treibstoff ausging, auf einer – wie es ihm schien – grünen Wiese zur Landung angesetzt. Tatsächlich handelte es sich um ein überwachsenes Fels-Plateau. Kingsford Smith übernahm es, die Post in einer Maschine der Australian National Airways nach Darwin zu fliegen, wo er sie an Quantas übergab. Er bemerkte: „Natürlich habe ich für diese eher Schwierige Aufgabe die <Sothern Cross> gewählt` (dabei handelte es sich um die eigene Maschine von Kingsford Smith, die aus Teilen zwei verunglückter dreimotoriger Fokker F.VII zusammengesetzt war.

Damit hatte er bereits den Pazifik von Kalifornien aus nach Brisbane überflogen, war von Neuseeland, England und Neufundland zurückgekehrt, und hatte so einmal die Erde umrundet.) `Wir waren in Sydney am 21. April in aller Eile gestartet und verließen Koepang vier Tage später mit der ersten tatsächlichen Luftpost für Australien, die ausschließlich auf dem Luftweg befördert worden war, und landeten sicher am 25. April in Darwin. Am 26. April händigte uns der Pilot Tapp von Quantas die rund 320 Kilogramm wiegende Post aus und flog zurück mit der britischen Post, die wir von Koepang mitgeführt hatten. Und schon waren wir wieder unterwegs…Weite Strecken führten über das offene Meer, und wir bemühten uns redlich den alten Vogel voranzutreiben.

Als wir in Singapur ankamen, ärgerten wir uns, dass die Maschine von Imperial Airways nach Akyap Verspätung hatte. Die Eile war umsonst…Unsere letzte Etappe von Rangun nach Akyap flogen wir am 3. Mai. Dort warteten wir drei Tage, während die Maschine von Imperial Airways nach Delhi flog, die Post für England übergab und uns die zweite Luftpost von dort zurückbrachte. Wir verließen Akyap am 6. Mai und landeten fünf Tage später in Darwin. Dieses Experiment überzeugte mich davon, eine reguläre Route einzurichten. Im November desselben Jahres kündigte Australian National Airways an, dass sie mit einer Avro Ten die Weihnachtspost nach London fliegen und Neujahrsgrüße zurückbefördern würde.

Für diesen Einsatz wählte man unser Firmen-Flugzeug, die <Southern Sun>, die Sydney am 20. November mit 45.288 Briefen verließ. Der Flug verlief gut; die Maschine erreichte nach fünf Tagen Alor Star in Malaysia. Doch dann erfuhren wir, dass sie ein Dach gestreift und abgestürzt sei..!“ Kingsford Smith startete am 1. Dezember mit einer anderen Maschine, der „Southern Star“, aber ihm unterliefen einige Pannen. Als er in Darwin bei Gewitter landete, streifte er einen Telegrafenmast und verlor so drei Tage. Er übernahm die Post in Alon Star am 5. Dezember und holte auf dem Weg nach Frankreich einige Zeit wieder auf. „Hier holte uns das Pech wieder ein.

Wir hatten dichten Nebel, flogen jedoch weiter und machten schließlich eine Notlandung am Strand des Badeortes Le Touquet, zum großen Erstaunen der Einheimischen. Schließlich landeten wir am Morgen des 16. Dezember in Coydon. Trotz der Verspätungen und der widrigen Witterung hatten wir einen neuen Rekord aufgestellt. Scotty flog die Maschine zur Wartung nach Hamble; an Sylvester sollten er und Kingsford Smith zurückfliegen. Aber auf dem Rückflug von Hamble geriet Scotty in dichten Nebel, er hatte nur noch wenig Treibstoff und machte eine perfekte Landung – mehr oder weniger blind. Das heißt, es wäre eine perfekte Landung gewesen, wenn sich dort nicht gerade ein Obstgarten befunden hätte…Das Fahrgestell war zerstört, eines der Triebwerke hatte sich halb in den Boden gebohrt und die Tragflächen waren stark verzogen!“

Kingsford Smith lehnte das Angebot der KLM ab, die Post für ihn zu übernehmen und wartete auf die Reparatur der „Southern Star“. Am 6. Januar 1932 konnten sie schließlich starten und erreichten Port Darwin trotz einer eintägigen Verzögerung 13 Tage später. Es war keine glückliche Heimkehr, denn während der Abwesenheit von Kingsford Smith hatte die Australian National Airways ihren Betrieb eingestellt. Im Jahre 1933 erschien eine Partnerschaft zwischen Imperial Airways und Quantas am erfolgversprechendsten, um eine reguläre Flugroute zwischen Großbritannien und Australien einzurichten. Am 29. Mai startete der Air-Superintendant von Imperial Airways, H.G. Brackley, in der Astrea, einer speziell für die Afrika-Route, konstituierten viermotorigen Armstrong Whitworth Atlanta.

Abgesehen von kleinen Zwischenfällen ging alles gut – bis Brackley sich über der berüchtigten Timor-See befand. Er hatte nur noch wenig Treibstoff und suchte verzweifelt nach einer Landegelgenheit. Erstaunt entdeckte er im Dschungel eine gerodete Stelle. Dort hatte Pater Gsell, ein Franziskaner-Missionar, einen Notlandeplatz für Flieger angelegt, der bei der Überquerung der Timor-See in Schwierigkeiten gerieten. Brackleys Besuch in Australien war ein Erfolg. Die neue Route schien bereits greifbar nahe, aber Imperial Airways zögerte noch. Sie eröffneten die Route Karatschi-Kalkutta am 1. Juli mit zwei weitern Atalantas, der „Arethusa“ und der „Athena“.

Brackleys tatsächliche Flugzeit bis Australien hatte nur fünf Tage betragen. Als Imperial Airways jedoch im Oktober ihren Flugdienst bis Rangun ausweitete, veranschlagte sie acht Tage. Tatsächlich verließ am 8. Dezember 1934 die erste reguläre Luftpost London an Bord einer D.H.36. Erst im April des folgenden Jahres wurde eine Passagier-Flug-Route von Croydon nach Brisbane eröffnet – eine Reise von zwölf Tagen. Auf dieser Route flog eine ganze Reihe sehr unterschiedlicher Maschinen. So setzte Imperial Airways von London nach Brindisi eine D.H.86 ein, von dort nach Karatschi Alexandria-Short-Scipio-Flugboote, die Handley Page H.P.42 „Heracles“, nach Singapur die Armstrong Whitworth Atlante. Sie alle konnten nicht mit der neuen Douglas DC-2 der KLM konkurrieren. Es dauerte dennoch einige Zeit, bevor die Empire-Flugboote auf dieser Route eingesetzt wurden. Erst dann konnte man mit Fug und Recht behaupten, dass der Weg zum anderen Ende der Welt erschlossen war.

Von Rolf von Ameln

 

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Von am 19/03/2017. Abgelegt unter Spiegel der Zeit. Sie knnen alle Antworten zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0. Kommentare und pings sind derzeit geschlossen.

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