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Ein Jahr Zweiter Weltkrieg: Analyse über Kriegsphasen, Kriegsfronten und Kriegsziele

Die Kämpfe in Afrika und der japanische Vormarsch in Indochina, das Militärbündnis zwischen Deutschland, Italien und Japan und die Brennerzusammenkunft bedeuteten den Beginn der vierten Phase des Zweiten Weltkrieges. Die erste Phase fiel zusammen mit dem politischen Aufstieg Hitlerdeutschlands. Er erfolgte mit Unterstützung Großbritanniens und mit Duldung Frankreichs. Hitler konnte in ihr eine Reihe unblutiger Siege erringen: Saargebiet, Rheinland-Entmilitarisierung, Österreich, Memel und die Tschechoslowakei. Auch gegen Mussolinis Überfall auf Abessinien wurden nur halbe und unwirksame Maßnahmen ergriffen.

Das republikanische Spanien wurde dem Faschismus ausgeliefert. Im Abessinien- und Spanienkrieg konnten die faschistischen Mächte unter Duldung der westlichen Demokratien die militärischen Generalproben für die kommenden Eroberungskriege vornehmen. Die erste Kriegsphase offenbarte mit ungeheurer Eindringlichkeit die Unfähigkeit der damaligen kapitalistischen Welt, der heranbrandenden faschistischen Schlammflut einen Damm entgegen zu stellen. Die Reaktion der ganzen Welt, nicht zuletzt der herrschenden Klassen in England und Frankreich, hatte viel zu tiefe Sympathien für die faschistischen Unterdrücker der Arbeiterbewegung. Will man nicht in schweren Irrtum und haltlose Illusionen verfallen, so darf man nie vergessen, dass Hitler und Mussolini nur mit Hilfe der führenden kapitalistischen Schichten Deutschlands und Italien ihre blutige Diktatur errichteten und ihre außenpolitischen Erfolge erringen konnten.

Auch als man in Paris und London bemerkte, dass die „Krämerpolitik“, die ohne eigene Opfer den gefährlich gewordenen Hitler gegen Sowjetrussland treiben wollte, sich gegen ihre dummpfiffigen Urheber zu wenden drohte, rüstete man nur mit halbem Herzen und kaum mit halber Kraft. Weil Russland immer wieder den Zusammenschluss Europas gegen den drohenden faschistischen Angriff gefordert hatte, glaubte man, Russland ohne bindende eigene Verpflichtungen und ohne Zugeständnisse als Bundesgenosse gewinnen zu können, um ihm dann die Hauptlast des Krieges zuzuschieben. Wiederum täuschte man sich, und so schlitterten England und Frankreich unvorbereitet und widerstrebend in den Krieg hinein, als Hitler mit russischer Rückendeckung Polen überfiel.

Deutsche Wehrmacht in Russland 1941. Foto: US-Archiv

Damit begann die zweite Phase des Zweiten Weltkrieges, die Hitler eine Reihe sensationeller Erfolge brachte: Polen, Dänemark und Norwegen, Holland, Belgien und Frankreich; die Vorherrschaft in Europa. Diese Erfolge musste Hitler dadurch erkaufen, dass er Russland einen Teil Polens, die Baltikumstaaten, die finnischen Grenzgebiete, Bessarabien und die Bukowina überließ. Andererseits wurde durch die Einbeziehung Ungarns und Rumäniens in die deutsche Machtsphäre die deutsche Vorherrschaft auf den Balkan ausgedehnt. Italien spielte in dieser zweiten Phase eine durchaus untergeordnete Rolle. Zehn Monate Krieg hatten ausgereicht, um Hitler mit relativ geringen Opfern zum Beherrscher Europas zu machen in mindestens dem gleichen Umfange wie Frankreich und Napoleon I. sie seinerzeit in fast doppelt so vielen Jahren erreicht hatten.

Napoleon kämpfte mit den neuen Waffen des revolutionären Frankreich gegen die überalterte Welt des europäischen Feudalismus und Absolutismus. Hitler und Mussolini waren nicht die Vertreter eines neuen aufbauenden revolutionären Prinzips, nicht die Vorkämpfer einer neuen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Ordnung, ihre Stärke lag nur in der Anwendung aller technischen und organisatorischen Möglichkeiten des Monokapitalismus zu Zwecken der Gewalt, des Krieges und der Eroberung. Sie konnten zerstören jedoch nicht aufbauen. Sie haben siegen können, weil das nicht faschistische Europa ebenso morsch war wie das feudal absolutistische Europa, mit dem Napoleon es zu tun hatte.

Napoleon hatte das absolutistische Europa niederwerfen können, aber er wurde mit seinem unentwegtestem Gegner, dem bürgerlichen England, nicht fertig, und zugleich blieb Russland der präsumtive künftige Gegner. Beide vereint besiegten dann im Bunde mit der nationalen Freiheitsbewegung Napoleon. Hitlers Situation war nach der Eroberung Frankreichs die gleiche. England blieb noch zu besiegen, und Russland war der mögliche künftige Feind. Die Niederlage Großbritanniens sollte die dritte Phase des Krieges sein, die man auf einige Monate bemaß. Ob Russland dann die vierte oder erst die fünfte Phase der Hitlerischen Welteroberungspläne gewesen wäre, lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen.

Aber die Rechnung Hitlers, die bisher so glatt aufgegangen war, stimmte in der dritten Phase des Krieges nicht mehr. Wieder einmal wurde England durch seine Insellage gerettet. Die Invasion war dem „Führer“ des „Großdeutschen Reiches“ nicht gelungen. Dass man auch in Berlin über den Erfolg der Luftangriffe skeptisch war, ergab sich aus den kommenden Ereignissen, von denen man ausging, dass mit ihnen die vierte Phase des Weltkrieges beginnt. Unter stärkerem Hervortreten Italiens sollte nunmehr der Angriff auf das britische Imperium gerichtet werden. Man wollte den Briten Gibraltar und Suez entreißen, Afrika erobern, die Verbindungswege nach Indien und Amerika bedrohen.

Das Bündnis mit Japan, das diesem freie Hand in Asien gab, richtete sich gegen die englischen Positionen in Asien und war zugleich eine Warnung an die USA und die UDSSR. Der Eintritt in diese vierte Phase zeigte, dass es sich damals um weit mehr handelte als beim vorherigen Ersten Weltkrieg, nämlich um den Versuch Hitlerdeutschlands, im Bunde mit Italien und Japan die Welt untereinander aufzuteilen. Es ging aber nicht nur um die politische Neuaufteilung der Welt, sondern auch um ihre wirtschaftliche und gesellschaftliche Neuordnung. Dadurch wurde die Auseinandersetzung nicht nur weit umfassender, sondern auch weit komplizierter und tiefgehender, als alles, was es bisher in der Entwicklung der menschlichen Gesellschaft gegeben hatte.

Nach knapp einem Jahr schienen sich die Fronten ziemlich klar abzuzeichnen: 1. die faschistischen Angreifer und Eroberungsstaaten; 2. das britische Empire und die USA; 3. Sowjetrussland. Nur zwei dieser Fronten standen zu der Zeit im Kampf, wobei es nicht entscheidend war, dass Amerika den Krieg noch nicht militärisch führen konnte, weil es dazu noch nicht gerüstet war. Die Angreiferstaaten waren die bei der bisherigen Weltverteilung zu kurz gekommenen Großmächte. Sie hatten all ihre Kräfte auf Gewalt und Eroberung konzentriert. Sie verwirklichten damit die Voraussage Oswald Spenglers – eines Anwalts des Kapitalismus! – dass der in die Phase der Vergreisung eingetretene Kapitalismus nichts Neues, Schöpferisches mehr hervorbringen könnte, dass es sich nur noch um die Kategorie der Quantität, um Machtvergrößerung handelte.

Wofür kämpften die angelsächsischen Mächte? Beide waren kapitalistische, beide imperialistische Mächte. Ihr Kampf ging zunächst einmal um die Behauptung ihrer Machtpositionen. Man hatte ja früher in England immer wieder seine grundsätzliche und ideologische Gegnerschaft zum Faschismus abgestritten, und Chamberlain musste seinen Abschied nehmen, aber noch immer saß damals John Simon im Kabinett und man schickte Lord Runciman, einen ergebenen Helfershelfer Hitlers in ehrenvoller Mission nach Argentinien. Die US-Demokratie kann in diesen Krieg noch nicht eintreten, da das Volk dagegen ist. Jedoch waren Chruchill und Roosevelt ohne Zweifel unbedingte Gegner der faschistischen Diktaturen.

Aber das genügte offenbar nicht. Auf die Dauer werden die Massen nicht für die Aufrechterhaltung einer Wirtschaftsordung kämpfen, die ihnen in steigendem Maße Arbeitslosigkeit und Not gebracht hatte. Das erkannten auch Churchill und Roosevelt, wenn sie von der Notwendigkeit einer Neuordnung der Welt geredet hatten. Aber ihre Worte blieben vage und vieldeutig zu dieser Zeit. Es galt statt ihrer konkrete Ziele zu zeigen, um die Massen aufzurütteln. Andererseits war sicher, dass Deutschland und Japan als Nachbarn Russlands nach einem Siege Russland mit Vernichtung bedrohen würden. Das Ziel so viel umstrittenen russischen Politik ging dahin, sich so lange wie möglich aus dem Krieg heraus zu halten, damit die anderen sich schwächten.

Die Bewertung dieser Politik und der gesamten Funktion Russlands hing davon ab, wie man einerseits über Sowjetrussland und wie man andererseits über das Stalin-Regime urteilte. Je länger dieser Krieg dauerte, umso wahrscheinlicher wurde es jedenfalls, dass Russland noch eine ausschlaggebende Rolle spielen würde. Mindestens ebenso wichtig würde es aber auch sein, ob, wann und in welchem Umfange die latent vorhandene vierte Front in die Auseinandersetzung eingreifen würde. Diese vierte Front ging durch alle Länder. Sie bestand in Deutschland und Italien und im unterjochten Europa, ebenso wie in England und in Amerika. Diese vierte Front war stärker, als es den Anschein hatte und hat letztlich dazu geführt, dass zuerst Italien und dann Deutschland bedingungslos kapitulieren musste. Japan folgte wenige Monate später; aber einen wirklichen Frieden hat die Welt bis heute nicht erreichen können.

Von Rolf von Ameln

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Von am 17/12/2017. Abgelegt unter Spiegel der Zeit. Sie knnen alle Antworten zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0. Kommentare und pings sind derzeit geschlossen.

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