Meine Seite

Abonnieren

  • Subscribe via Email
  • Facebook
  • Twitter

Das Oberkommando der Wehrmacht gibt bekannt: Bei Sedan über die Maas

Aus dem Tagebuch eines deutschen Soldaten an einem Montag im Mai 1940: Es geht westwärts, bergauf, bergab in engen Kurven durch die Eifel. Kühl weht der Wind von den Bergen. Aber nirgends ist mehr eine Spur von Schnee zu sehen wie vorgestern noch in Norwegen. Das Laub ist sommerlich, von den Kastanien wehen die ersten Blütenblätter auf den Boden. Den Frühling habe ich verpasst. Ich bin im Flugzeug und Auto daran vorbeigejagt. Unsere Truppen kämpfen um Sedan, Dicht hinter dem Ort liegen die Bunker der Maginot-Linie. Ich fahre durch das Land Malmedy, durch deutsches Land. Hakenkreuzfahnen wehen an den Fenstern. Geräumte Baumsperren hier und da, Notübergänge über gesprengte Brücken sind Zeugnisse unseres Marsches durch Belgien.

Aber heute schon liegt das Land friedlich da. Auf den Feldern werden Kartoffeln gelegt, Kühe grasen auf den fetten Weiden. Je näher die Front kommt, desto zahlreicher werden die Kolonnen. Immer wieder sind die Straßen umgeleitet. Auf einem kleinen Feldweg schlängeln wir uns an ein Städtchen. Die große Straße ist gesprengt. Ein ganzes Haus könnte in dem Trichter stehen; mit Dynamit haben die Belgier nicht gespart. Weit ziehen sich Drahtsperren und Panzergräben durchs Gelände. Die Schießscharten eines Bunkers in der Böschung sehe ich erst, als Pioniere sie mir zeigen. Systematisch haben die Belgier jedes Namensschild entfernt. An den schwierigsten Umleitungen stehen Verkehrsposten, sind provisorische Richtungsschilder an die Bäume gehängt. Immer wieder muss man nach dem Weg fragen.

In ihrem harten Französisch geben zurückgebliebene Bewohner verlassener Dörfer Auskunft. Langsam wird es dunkel. Schon mehr als ein halbes dutzendmal habe ich mich auf den kleinen Feldwegen verfahren. Jetzt geht es einige Kilometer weit durch einen sumpfigen Waldweg neben der verstopften Hauptstraße. Nur nicht steckenbleiben! Hier ist niemand weit und breit, der einem helfen könnte. Nur ein einsamer Kradfahrer brummt hinter mir her; er hat keine Karte und hat sich mir angehängt. Er hat wichtige Ersatzteile aus der Heimat geholt und will sie jetzt zu seiner Formation bringen. Dreißig Stunden sitzt er auf der Maschine. Sein Gesicht ist von Staub verkrustet. Endlich leuchten vorn Lichter auf. Es ist ein Dorf, in dem der Stab einer Infanteriedivision liegt, die noch nicht zum Einsatz gekommen ist. Weit vorn stehen die motorisierten Verbände.

Dienstag: Es geht weiter. Wieder über verstopfte Straßen, an gesprengten Sperren vorbei. Prachtvoll schimmern die hellen Buchenhänge an den Ausläufern der Ardennen. Ab und zu taucht aus dem Grün ein altes Schoss auf. Drei abgeschossene Flugzeuge liegen dicht an der Straße, zwei Franzosen und ein Deutscher. Tief haben sich die Motoren in die weiche Erde gebohrt, weithin sind die Trümmer verstreut. Das Ziel meiner Fahrt hat eine schöne, alte Burg auf hohem Felsen. Einige Häuser in der Stadt sind zerschossen, alle Brücken sind gesprengt. Gerade geht eine Panzerdivision vor. Ich schließe mich an. Die Panzer rollen, eine unabsehbare Kette. Motoren heulen, die Ketten rasseln, die ganze Straße bebt. Braungebrannte, verwegene Männer sitzen auf den Lukendeckeln.

Dann kommt eine Reihe Panzergeschütze, gedrungene Stahlungetüme mit hohen Schutzblechen; wie mittelalterliche Rammwidder sehen sie aus. Leichte Flak, auf Raupenwagen montiert, bilden den Abschluss. Das sind Waffen, mit denen wir die französischen Bunker aufknacken. Dicht vor Sedan hat ein Truppenkommando sein Stabsquartier mitten im Wald aufgeschlagen. Ich höre die neuesten Meldungen von vorn: Sedan ist besetzt! Im schweren Feuer haben gestern Pioniere die Maas überschritten. Feindliche Kamfflieger versuchten, die Pioniere zu stören, aber trotz der abgeworfenen Bomben wurden die Brücken gebaut, über die nachts schon die ersten Bataillone setzten, um drüben einen Brückenkopf zu bilden.

Heute morgen haben wir ein paar Bunker genommen und den Angriff viele Kilometer weit vorgetragen. Nun bin ich in Sedan. Die Stadt ist vollgestopft mit Truppen, die sich vor den Pionierbrücken stauen. Mitten auf den Straßen und Plätzen steht feuerbereite Flak. Nicht ein einziger Zivilist lässt sich sehen. Die Stadt hat unter der Artillerie nicht allzu sehr gelitten; nur ein paar Häuser sind zerschossen. Jenseits der Brücke liegen die ersten französischen Bunker. Wie leblose Augen starren ihre zerschossenen Scharten. Zwischen allem möglichen zurückgelassenen Material liegen gefallene Franzosen. In einzelnen Trupps werden Gefangene zurückgebracht. Noch steht in ihren Gesichtern das Grauen des Kampfes. „Le bombardement c´etait enfer“, sagt einer. Mit dem Wagen geht es weiter, ich steige aus und marschiere. Es geht bergauf und bergab auf staubigen, gelben Lehmwegen. Die Sonne brennt, in Strömen läuft der Schweiß unter dem Stahlhelm hervor.

An den Waldhängen links und rechts stehen noch verlassene Maschinengewehre. Es sind ganz hervorragende Stellungen, mit denen man das Vorgelände und Sedan weit übersehen kann. Ein Geschützbunker liegt in Trümmern, er wurde durch Volltreffer einer Bombe vernichtet. Sogar das Geschützrohr ist zerrissen. Eine Kette französischer Bomber kreist über uns. Eben überholt uns ein Befehlswagen. Aus allen Rohren wird geschossen. Kaum ist die Kette verschwunden, da erscheint eine feindliche Staffel über der Stadt. Im Augenblick ist sie eingehüllt von den weißen Wolken der Flak. Drei, vier Sekunden, dann schießt eine Maschine senkrecht nach unten. Zwei Fallschirme segeln zur Erde.

Eine Flamme, doppelt so hoch wie die Kirchtürme, springt lodernd in den Himmel. Einen Augenblick später hört man auch die Detonationen der einschlagenden Bomben. Nun zeigen sich auch unsere Kampfverbände mit Kurs nach Westen. Deutlich sehe ich von meiner Höhe aus den Angriff einer Stuka-Staffel, die über den feindlichen Verbänden kreist. Eine Maschine nach der anderen kippt über die Tragfläche ab und braust in atemberaubendem Sturzflug nach unten. Das Abwehrfeuer der französischen Flak ist schwach. Eine Gruppe von Gefangenen beobachtet gespannt das kriegerische Schauspiel. Einer sitzt mit einem Schulterschuss am Boden.

Er ist völlig verwirrt und redet ungereimtes Zeug vor sich hin. Man möge ihn doch verstehen, sagt er, seine beiden Kameraden hätten ihn im Stich gelassen, und allein hätte er die Stellung doch nicht halten können. Panzer rollen in die Bereitstellung. Dicht an den Häusern haben sich Landser ausgestreckt; sie schlafen in der Sonne. In einem Trichter ruht sich ein Funktrupp aus. Weiter vorn in einem Obstgarten stehen Geschützpanzer und decken die im Tal vorrückende Infanterie. Deutlich sind am jenseitigen Hang die feindlichen Stellungen auszumachen. Die Franzosen ziehen sich bereits bergaufwärts zurück. Eine merkwürdige Ruhe liegt über dem Gefechtsfeld.

Hin und wieder Artilleriefeuer, ab und zu eine MG-Garbe. Der Himmel ist voll von Flugzeugen. Meist sind es unsere eigenen Kampfmaschinen. Nur ein Engländer kurvt sich durch die Flaksperren, Jagdflugzeuge verschwinden kämpfend am Horizont. Ich kehre in die Stadt zurück, klettere in der schönen, alten Zitadelle herum. Hier lag die französische Kommandantur. Im Kasino ist noch der Tisch gedeckt, ein kleiner Hund ist zurückgeblieben und springt mich freundlich bellend an. Krampfhaft versucht der Feind, in dauernden Luftangriffen unsere Pontonbrücken zu zerschlagen. Als ich durch die Straße gehe, schlägt eine Bombe genau mir gegenüber ein. Der Luftdruck wirbelt mich ein paar Meter in das Haus, das ich eben aufsuchen wollte, um in Deckung zu gehen. Aber jetzt erscheinen unsere Messerschmitt-Jäger. Nach Sekunden ist auch schon der erste Bomber abgeschossen. Mit einem langen Feuerschweif, vom Jubel der Landser verfolgt, stürzt er zu Boden. Jetzt holt sich auch die Flak ihre Opfer.

Ich fahre zurück und begegne unserer zweiten Welle. Kolonnen von zwanzig Kilometer Länge rollen vorbei. Schnelle Divisionen, Panzereinheiten und immer wieder Brückengerät.

Nun bin ich beruhigt, weil ich genau weiß, dass wir die Franzosen vernichtend sdchlagen werden.

Von Rolf von Ameln

 

Hat Ihnen dieser Artikel gefallen? Dann unterstützen Sie uns bitte mit einer Spende, oder werden Sie Mitglied der Israel-Nachrichten.

Von am 24/12/2017. Abgelegt unter Spiegel der Zeit. Sie knnen alle Antworten zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0. Kommentare und pings sind derzeit geschlossen.

Durch einen technischen Fehler, ist die Kommentarfunktion ausgeschaltet!

Leserkommentare geben nicht die Meinung der Redaktion wieder. Wie in einer Demokratie ueblich achten wir die Freiheit der Rede behalten uns aber vor, Kommentare nicht, gekuerzt oder in Auszuegen zu veroeffentlichen. Anonyme Zuschriften werden nicht beruecksichtigt.