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Episoden aus meinem Hotelleben Folge 5:

Treffen kirchlicher Würdenträger, Dinner am Rhein

Ein Treffen kirchlicher Würdenträger zum Dinner war in unserem Hotel an sich nichts Außergewöhnliches, gewachsenes Vertrauen eben, aber dieses Treffen sollte eine Besonderheit werden.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der damalige Bischof von Mainz und späterer Kardinal Karl Lehmann, hatte zu einem informellen Treffen in unser Haus kirchliche Amts- und Würdenträger aus Europa und als besonderen Gast den Patriarchen der armenisch-apostolischen Kirche (†) eingeladen.

Nach und nach trafen alle Gäste ein, mit Ausnahme des Patriarchen.
Wenn Gäste mit dem Flugzeug anreisen oder eine lange Anfahrt haben, dann ist eine Verspätung nichts Außergewöhnliches. Daher haben sich die bereits Anwesenden auch keine Sorgen gemacht und sich in verschiedenen Sprachen während des Aperitifs angeregt unterhalten. Mit fortschreitender Zeit allerdings merkte man dem sonst so gefassten Bischof Lehmann und seinem Sekretär die zunehmende Unruhe an. Verständlicherweise bat man uns, mit dem Beginn des Dinners zu warten, bis der fehlende Ehrengast auch da ist.

Nach einer gefühlten Ewigkeit fuhr der Patriarch mit Blaulicht und Polizeieskorte vor und alle waren gleichermaßen erleichtert wie erstaunt, denn eine solche bevorzugte Behandlung stand sonst nur einem Staatsgast zu. Alle waren glücklich, dass der schon im hohen Alter befindliche Patriarch der armenisch-apostolischen Kirche jetzt eingetroffen war und nahmen die Verspätung völlig abgeklärt als Selbstverständlichkeit hin. Keine Nachfrage, sondern pure Freude über den jetzt eingetroffenen Gast.

Nun ging es auch zeitnah zu Tisch und der Hausherr, der es sich nicht nehmen ließ die Gäste selbst zu begrüßen, wurde gebeten, das Tischgebet zu sprechen, selbstverständlich in Latein. Sein Lateinlehrer hätte sicher gelächelt, denn sein Großes Latinum lag bei ihm nun auch schone einige Jahre zurück.

Nachdem während des Aperitifs die Multilingualität der Amts- und Würdenträger ausgiebig geprüft wurde, einigte man sich für den Rest des Abends auf Latein. Faszinierend, wie eine s.g. tote Sprache so lebendig sein kann, weltumspannend verstanden und als Mittel einer universellen Kommunikation noch heute eingesetzt wird.

Im Laufe des Abends berichtete der Fahrer seiner Heiligkeit was passiert war.

Die Limousine des Patriarchen wurde auf der Bonner Konrad-Adenauer-Brücke von der Polizei gestoppt, es war nämlich Karneval und diese Kontrollen zu Zeiten des Straßenkarnevals sind absolut notwendig. Jeder der den rheinischen Karneval kennt, der weiß wie lebensfrohe Menschen ausgelassen feiern können und dass Getränke ohne Alkohol eher die Ausnahme sind.

Eigentlich gibt es für den karnevalistisch geprägten Rheinländer nur 2 Jahreszeiten: Karneval und die Zeit dazwischen. Damit diese klare Regel nicht anstößig wirkt, nennt man diese Zeit ab dem 11.11. bis zu Aschermittwoch im Februar oder März des Folgejahres, die 5. Jahreszeit. In keinem anderen Landstrich in Deutschland wird so ausgelassen gefeiert, wie im Rheinland. Möglicherweise liegt das in der Geschichte dieser Region begründet, die durch die römische Besetzung, die Einwanderung der Hugenotten aus Frankreich und das Preußische Protektorat nachhaltig geprägt wurde.

Als Mensch mit Freude im Herzen hat der Rheinländer sogar ein eigenes „Rheinisches Grundgesetz“, in dem es unter anderem heißt:

§ 2 Et kütt wie et kütt“
(Es kommt wie es kommt)

§ 7 Wat willste maachen?
(Was willste machen?)

Bei dem Patriarchen traf genau dies ganz unerwartet zu. Also, das Auto wurde gestoppt und es folgte die Kontrolle der Autopapiere und eine Alkoholkontrolle beim Fahrer. Auch seine Heiligkeit musste sich ausweisen. Der kontrollierende Polizist glaubte dem Patriarchen der im vollen Ornat, also mit Robe, Bischofsstab, Amtskette und spitzem Hut vor ihm stand, kein Wort und seine Papiere gaben auch nicht das hohe Amt preis. Der Ornat hätte ja auch ein gut gemachtes Kostüm sein können.
Da aber seine Heiligkeit ganz ruhig blieb, wurde der Polizist unruhig und nahm Rücksprache mit der Zentrale, wo es bereits Rückfragen zum Verbleib des Patriarchen gab.

In kürzester Zeit war ein Polizeiwagen da und dann wurde die Limousine seiner Heiligkeit mit Blaulicht zu unserem Hotel eskortiert.

Wie sagt doch das „Rheinische Grundgesetz“ in § 3
Et hätt noch immer jot jejange.
(Es ist noch immer gut gegangen)

Von Gerhard Werner Schlicke

(Alle Ereignisse beruhen auf wahren Begebenheiten, Namen von noch lebenden Personen wurden verfremdet oder aus Gründen der Diskretion weggelassen).

 

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Von am 27/05/2018. Abgelegt unter Europa. Sie knnen alle Antworten zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0. Kommentare und pings sind derzeit geschlossen.

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