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Autonome Waffensysteme – fördern oder ächten?

Leicht zu beantworten ist diese Frage nicht, auch dann nicht, wenn man wie die BRD reflexartig ein strategisches Statement abgibt, diese Waffen zu ächten obwohl sie längst Realität sind.

Bisher sind autonomen Waffensysteme zwar primär auf defensive Maßnahmen ausgerichtet, wie Raketenabwehrsystemen zu Land und auf Kriegsschiffen, aber auch im Bereich der Luftwaffe, z.B. bei Drohnen die Radarüberwachungen ausschalten können.

Der „Deutschlandfunk“ formulierte dazu: „Teilautonome Waffentechnik (sind) bereits Realität…An der innerkoreanischen Grenze patrouillieren seit Jahren Roboter, die Menschen erkennen und angreifen können. Nur ist diese Funktion bisher angeblich nicht aktiviert worden. Großbritannien entwickelt die Drohne „Taranis“. Sie soll beispielsweise feindlichen Radarstationen automatisch ausweichen können. …Israel hat schon fliegende autonome Waffen, die „Harpy“-Rakete. Das ist eine Rakete, die Radaranlagen finden und zerstören kann, ganz ohne menschliche Eingriffe. Sobald sie in der Luft ist, wartet sie darauf, Radiosignale zu empfangen, und sobald sie die erhält, greift sie das Radarsystem an, von dem die Signale kommen.“

Betrachtet man nun die Entscheidung der Regierung der BRD zur Ächtung autonomer Waffensysteme genauer, dann zweifelt man an den ethisch-moralischen Beweggründen, sondern kommt zu ganz anderen Schlüssen.
Um die gravierenden Unterschiede in Ausstattung und Einsatzfähigkeit von Bundeswehr und IDF deutlich zu machen, muss man zunächst die tiefgreifenden historischen Unterschiede bewerten. Während die IDF seit Gründung als Armee im Einsatz zum Schutze Israels konzipiert, aufgebaut, ausgerüstet und mit den harten Kampfeinsätzen und Kriegen stetig weiterentwickelt wurde, gilt dies in gleichem Maße für die Bundeswehr nicht. Diese war nach den Erfahrungen zweier von deutschem Boden ausgehenden Weltkriegen, als rein defensive Kraft konzipiert und dieser reine Verteidigungscharakter im Grundgesetz der BRD festgeschrieben worden.
Bis zum Mauerfall übernahmen die Alliierten, allen vorweg die USA, das militärische Gegengewicht zum „Warschauer Pakt“ und sicherten so die wirkliche Verteidigungsfähigkeit der BRD. Seit dem Mauerfall und der Fusion von Bundeswehr und Nationaler Volksarmee (DDR) 1990 sind nach Einschätzung von Bundeswehr-Generalen, jährlich 2 Milliarden EUR zu wenig investiert worden. In 2002 beseitigte der damalige Verteidigungsminister Struck (SPD) den gewaltigen Investitionsstau mit dem Rotstift und strich Rüstungsprojekte in Höhe von 25 Milliarden EUR. Zeitgleich begann der halbherzige Wandel der Bundeswehr von einem stehenden Heer in eine Armee im Einsatz, indem sich Deutschland nach 9/11 an der Seite der USA und anderer europäischer Armeen in Afghanistan militärisch engagierten.
Dieser Einsatz ist durch UN-Mandat gedeckt (Resolution 1386 (2001) und folgender Resolutionen, zuletzt Resolution 1833 (2008) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen), ohne dass dafür eine GG-Änderung notwendig gewesen war. Zur gesamtgesellschaftlichen Legitimation wäre aber eine GG-Änderung hilfreich gewesen um die gesellschaftliche Basis dafür besser abbilden zu können. So aber ist dieser Einsatz innerhalb der verschiedenen politischen Parteien bis heute umstritten.

Der Wissenschaftliche Dienst der Regierung der BRD stellt dazu fest:
„Seit der AWACs-Entscheidung des BVerfG aus dem Jahre 1994 hat sich in der deutschen Verfassungspraxis Art. 24 Abs. 2 GG (Auslandseinsätze der Bundeswehr im Rahmen und nach den Regeln eines Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit) als zentrale Grundlage für Auslandseinsätze der Bundeswehr etabliert“.

Die BRD nutzt diese Klausel und stützt sich daher auf Mandate der NATO. So z.B. für den Schutz der Schiffsrouten vor Somalia, die Beobachtermissionen in Mali und im Irak oder die Einsätze der BW-Jets für Zielaufklärungen im Kampf gegen den IS im Syrien.

Der neue BW-Beauftragte Hans-Peter Bartels (SPD) formulierte in seinem ersten Bericht zur Lage in der Bundeswehr: „Die BW ist am Limit“.
Er kritisierte insbesondere das s.g. dynamische Verfügbarkeitsmanagement, das 70% der Vollausstattung zu Gunsten der Auslandseinsätze vorsieht und somit reine Mangelwirtschaft ist. Demzufolge fehlen dem Heer bis 2025 rund 20 Milliarden EUR. [er verschweigt uns aber, dass er diese Mangelwirtschaft in den Jahren zuvor im parlamentarischen Kontrollausschuss des Bundestages mit zu verantworten hat]
Von 244 Kampfflugzeugen und Hubschraubern sind 153 nicht einsetzbar (ganz zu schweigen von den nicht vorhandenen Hubschraubern mit CSAR-Fähigkeit (Combat Search and Rescue/ deutsch: „bewaffnete Suche und Rettung“), ähnliche Situation bei Panzern. Marode Kasernen, verheerendes Personalmanagement und eine nicht mehr nachvollziehbare Sparpolitik werden klar benannt. Zugleich wird die Forderung aufgestellt, den Wehretat von derzeit 33 Milliarden EUR / a auf 35 Milliarden EUR / a aufzustocken. Das allerdings ist gemessen am tatsächlichen Bedarf deutlich zu gering.

Der Verteidigungsetat:
Deutschland 2016 = 41,4 Mrd. US $ ›1,2 % vom BIP (Brutto Inlands Produkt)
Israel 2016 = 17,8 Mrd. US $ › 5,8 % vom BIP

Vergleicht man die pro Kopf-Leistung im BIP müsste die Situation ganz anders aussehen:
Israel 2016 BIP 318,7 Mrd. US $ (37.292,61 $ pro Kopf)
Deutschland 2016 BIP 3,467 Billionen US $ (41.936,06 $ pro Kopf)

Die Gesamtsituation der Bundeswehr in Deutschland und die Vergleiche lassen den Schluss zu, dass die Entscheidung der BRD autonome Waffensystem zu ächten, nicht auf der uns propagierten ethisch-moralischen und völkerrechtlichen Ablehnung basiert, sondern wohl eher, dass für diese Hochtechnologie im Militär schlicht kein Geld da ist. Zusätzlich zu dieser selbst geschaffenen prekären Situation im Militärwesen kommt jetzt noch die fehlende Autorisierung für Einsätze der BW außerhalb der Grenzen Deutschlands durch eine klare Aussage im GG der BRD.

Warum aber werden autonome Waffensysteme (Killer-Roboter) überhaupt gebraucht, fehlt einer auf Algorithmen basierenden Maschine doch jegliches Ethik-, Moral-, und Rechtsverständnis? Die Antwort ist relativ einfach; Ein getöteter Soldat ist ein Verlust auf mehreren Ebenen. Seine Ausbildung hat der Gesellschaft viel Zeit und Geld gekostet (bei Elite-Soldaten 6-stellige Summen), Soldaten haben familiäre und soziale Bindungen und deren Tod beeinflusst in starkem Maße auch die gesellschaftliche Zustimmung zu einem Kriegs- oder Kampfeinsatz. Bestes Beispiel war der Vietnam-Krieg. Mit anhaltender Kriegsdauer und der exponentiell steigenden Rückkehr der Soldaten in Särgen verringerte sich die Zustimmung zum Krieg rapide und landesweit wurden Proteste zur Normalität, nicht nur in den USA sondern weltweit.

Heute kommen Faktoren hinzu, wie der demographische Wandel, Verfügbarkeiten von Soldaten, industrielle Fertigungsmöglichkeiten von Robotern etc.

Interessant ist die Liste der Staaten, die Zustimmung zu diesen Waffensystemen signalisieren:
USA » Russland (will wie bei den Atom-Waffen ebenso die Hegemonie oder mindestens ein Gleichgewicht)
China Vormachtstellung im asiatischen Raum
Südkorea Schutz vor Nordkorea
GB Militärische Führungsrolle in Europa
Israel vitales Schutzinteresse aus den leidvollen Erfahrungen der zurückliegenden Kriege, heute insbesondere gegen die Aggressionsabsichten des Iran, der Hisbollah, der Hamas und vieler anderer.

Zunächst geht es den Staaten darum, technologisch in vorderster Reihe zu stehen, es geht um militärische Abschreckung und um Gleichgewicht, es geht um die pure Masse an Kampfrobotern die sich im Gegensatz zu regulären Soldaten industriell herstellen lassen. Ihr Verlust ist dann eine Position im Saldo der materiellen Kriegsverluste, aber eben kein Personenschaden. Künstliche Intelligenz (KI) in den autonomen Waffensystemen schafft darüber hinaus noch eine Menge juristischer, ethischer und moralischer Fragen und Probleme. „NDR-Info“ bemerkte dazu am 27.08.2018 „Killerroboter haben keinen Völkerrechts-Chip“.

Zweifellos läutet diese Entwicklung ein neues Kapitel im globalen Wettrüsten ein und wird gewaltige finanzielle Ressourcen verschlingen, aber sie wird unausweichlich sein, auch wenn heute dafür noch nicht einmal ein völkerrechtlich verbindliches Regelwerk existiert. Autonome Waffensysteme werden in allen Teilstreitkräften kommen: Drohnen mit erweiterten Fähigkeiten ohne Führungseinheiten am Boden, U-Boote die völlig autonom agieren, Feinde verfolgen und ausschalten können und Kampfroboter am Boden, die für jede Bodenbeschaffenheit konzipiert werden, egal ob mit Rädern, mit Ketten, mit Spinnen-Beinen als Fortbewegungsmittel in schwierigem Gelände oder als amphibisches Fahrzeug.

Die Entwicklung dieser Waffensysteme wird auch erheblich davon abhängen, welche finanziellen Ressourcen dafür bereitgestellt werden und auf welche technologischen und wissenschaftlichen Kapazitäten das Land zurückgreifen kann. Hier wird Israel ob seiner heute schon herausragenden Position sicher einen der vordersten Plätze einnehmen und als kleinstes aller Länder die Spitze dieser Waffen-Technologien einnehmen oder mindestens in Augenhöhe mit den USA agieren können. Deutschland spielt dann diesbezüglich gar keine Rolle mehr.

Von Gerhard Werner Schlicke

 

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Von am 07/09/2018. Abgelegt unter Israel. Sie knnen alle Antworten zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0. Kommentare und pings sind derzeit geschlossen.

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