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Rede von Bundeskanzlerin Merkel bei der Begegnung mit Präsident Reuven Rivlin

Sehr geehrter Herr Präsident, lieber Reuven Rivlin,
sehr geehrte Gäste,

im Namen unserer gesamten Delegation, der Regierungsmitglieder sowie der Mitglieder der Wirtschaftsdelegation, möchte ich mich dafür bedanken, dass Sie uns heute hier zu einem Essen eingeladen haben und so berühmte, bekannte und interessante Gäste dazu geladen haben. Danke dafür, dass Sie dabei sind. Denn das Kostbarste, das man einander in der heutigen Zeit, die so schnelllebig ist, schenken kann, ist die Zeit, die man miteinander verbringt. Deshalb danke dafür, dass Sie da sind.

Wir sind im 70. Jahr des Bestehens des Staates Israel zu Ihnen gekommen und gratulieren gerne noch einmal zu diesem Jubiläum. Und wir sind im zehnten Jahr unserer Regierungskonsultationen zu Ihnen gekommen. Das sind jetzt die siebten Regierungskonsultationen, die dazu geführt haben, dass wir eine Zusammenarbeit in einer großen Breite haben.

Wir haben unseren Besuch bei Ihnen in Israel heute Morgen mit einem Besuch in Yad Vashem begonnen. Das hat uns in unglaublich bewegender Art und Weise noch einmal deutlich gemacht, dass der Zivilisationsbruch der Shoa und die Erinnerung daran für uns Verpflichtung und immerwährende Verantwortung dafür sind, dass sich so etwas nicht nur nicht wiederholt, sondern dass wir für die grundsätzlichen Werte der Menschen eintreten, gegen Antisemitismus, gegen Hass, gegen jede Form von Diskriminierung von Minderheiten. Dieser Besuch heute Morgen – ich möchte mich sehr herzlich beim Direktor von Yad Vashem bedanken – hat auf der einen Seite deutlich gemacht, mit welcher Schuld Deutschland beladen ist, aber auf der anderen Seite auch, dass daraus eine Verpflichtung erwächst, Zukunft gemeinsam zu gestalten.

Dass wir hier zusammensitzen, ist alles andere als selbstverständlich. Es hat des Mutes vieler Menschen, vieler Juden, bedurft, nach dem Zweiten Weltkrieg einen Schritt aufeinander zuzugehen. Aber ich denke, inzwischen ist eine gute Partnerschaft entstanden, die durchaus auch kritische Diskussionen aushält, die aber auch ein hohes Maß an Gemeinsamkeit umfasst.

Wir wissen um die Verantwortung für die Existenz und die Sicherheit Israels. Deshalb habe ich das auch immer als Teil unserer Staatsraison bezeichnet. Und deshalb müssen wir natürlich auch über Themen sprechen, die Sie eben angesprochen haben, nämlich zum Beispiel das Verhältnis zum Iran. Ich möchte für die deutsche Seite hervorheben, dass uns das gleiche Ziel eint: Es muss alles unternommen werden, um eine nukleare Bewaffnung des Iran zu verhindern. Daran darf es überhaupt keinen Zweifel geben. Die Frage, über die wir im Augenblick diskutieren, ist aber auch die: Was ist der richtige, erfolgversprechendere Weg? Kann man die Bestrebungen des Iran mit Hilfe eines Abkommens eindämmen? Kann man besser mit ihm über all die Unzulänglichkeiten des bestehenden Abkommens verhandeln oder muss man noch härter vorgehen und allein auf Sanktionen setzen? Ich denke, diese Diskussionen werden wir weiterführen – im Geiste der Freundschaft und mit dem gleichen Ziel. Die nukleare Bewaffnung des Iran muss verhindert werden. Dem fühlt sich Deutschland verpflichtet.

Genauso ist es generell bei der Frage, wie Sie in Sicherheit und Frieden leben können. Wir wissen, welche Herausforderungen Sie hier in der Region sehen. Wir glauben, dass eine Zwei-Staaten-Lösung – ein jüdischer Staat Israel und ein Staat für die Palästinenser – eine Antwort sein könnte. Wir kennen und sehen aber auch die großen Schwierigkeiten, die sich auf diesem Weg dahin ergeben. Deshalb ist es die Position Deutschlands, gerade auch in der europäischen und in der internationalen Arbeit, immer auch die Interessen Israels nach vorne zu stellen, weil wir auf der einen Seite um den geschichtlichen Hintergrund der Entstehung Ihres Staates wissen und weil auf der anderen Seite Sie hier in der Region die einzige Demokratie sind. Uns einen gemeinsame Werte, für die wir arbeiten. Das bestimmt auch unsere heutige Zusammenarbeit unserer Regierungen. Wir sind mit einer breiten Palette an programmatischen Punkten hierhergekommen. Es geht um die Zusammenarbeit im Wissenschaftsbereich, die Zusammenarbeit im Wirtschaftsbereich, die Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich, wo wir sehr gute Erfolge sehen können, und auch im kulturellen Bereich. Diese Regierungskonsultationen wünschen wir uns auch als Startpunkt für die zukünftige Gründung eines deutsch-israelischen Jugendwerks, weil wir glauben, dass es in einer Zeit, in der die Zeitzeugen des schrecklichen Holocausts in wenigen Jahren nicht mehr unter uns sein werden, wichtig ist, dass unsere Jugend in engem Kontakt zueinander steht und sich austauscht, und dass dies ein weiteres wichtiges Element unserer zivilgesellschaftlichen Zusammenarbeit sein könnte.

Ich möchte mich bei Ihnen allen bedanken, weil Sie ja auch die Vielfalt der israelischen Diskussionen widerspiegeln. Auch bei Ihnen im Land geht es ja nicht nur harmonisch zu. Das verfolgen wir auch. Ganz wichtig ist, dass sich lebendige Demokratien durch Meinungsstreit auszeichnen. Noch wichtiger ist in Zeiten der Digitalisierung, dass man dem Diskurs Raum gibt und sich nicht jeder in seine Ecke zurückzieht und in seiner kleinen digitalen Blase liegt, sondern dass die Dinge ausgetragen werden. Deshalb, sehr geehrter Herr Präsident, herzlichen Dank dafür, dass wir bei diesem Mittagessen Ihr Gast sein dürfen.

Quelle: Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

 

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Von am 05/10/2018. Abgelegt unter Europa. Sie knnen alle Antworten zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0. Kommentare und pings sind derzeit geschlossen.

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