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Beginn der Judenverfolgung im Reich der Nationalsozialisten – Mörderischer Schriftwechsel 10. und letzte Folge

Am 29. Januar 1942 schrieb Billinger, Mitarbeiter im Reichssicherheitshauptamt an Wetzel, Angehöriger im „Ostministerium“: „Alle Maßnahmen zur Judenfrage in den besetzten Ostgebieten sind unter dem Gesichtspunkt zu treffen, dass die Judenfrage für ganz Europa generell gelöst werden muss. Dabei sind in den besetzten Ostgebieten derartige Maßnahmen, die der endgültigen Lösung der Judenfrage und damit die Ausscheidung des Judentums dienen, in keiner Weise zu behindern. Gerade in den besetzten Ostgebieten ist eine recht baldige Lösung der Judenfrage anzustreben.“

31. Januar 1942, Eichmann an die Leitstellen der Staatspolizei: „Die in der letzten Zeit in einzelnen Gebieten durchgeführte Evakuierung von Juden nach Osten stellt den Beginn der Endlösung der Judenfrage im Altreich, der Ostmark und im Protektorat Böhmen und Mähren dar. Diese Evakuierungsmaßnahmen beschränken sich zunächst auf besonders vordringliche Vorhaben. Zurzeit werden neue Aufnahmemöglichkeiten bearbeitet mit dem Ziel, weitere Kontingente von Juden abzuschieben.“

24. Februar 1942, Proklamation Adolf Hitlers an die Mitglieder der NSDAP: „Heute haben die Gedanken unserer nationalsozialistischen und die der faschistischen Revolution große und gewaltige Staaten erobert, und meine Prophezeiung wird ihre Erfüllung finden, dass durch diesen Krieg nicht die arische Menschheit vernichtet, sondern der Jude ausgerottet werden wird. Was immer auch der Kampf mit sich bringen oder wie lange er dauern mag, dies wird sein endgültiges Ergebnis sein. Und dann erst, nach der Beseitigung dieser Parasiten, wird über die leidende Welt eine lange Zeit der Völkerverständigung und damit des wahren Friedens kommen.“

6. März 1942, Gespräch Adolf Eichmanns mit den Chefs der Staatspolizeistellen: „Damit einzelne Stapostellen“, – so heißt es im Protokoll, Anm.d.Verf. -„der Versuchung, ihnen unbequeme ältere Juden mit abzuschieben,, nicht weiter ausgesetzt sind, sei zur Beruhigung gesagt, dass diese im Altreich verbleibenden Juden höchstwahrscheinlich schon im Laufe dieses Sommers beziehungsweise Herbstes nach Theresienstadt abgeschoben werden, das als Altersghetto vorgesehen ist. Diese Stadt wird jetzt geräumt und es können vorläufig schon bis zu 20.000 Juden aus dem Protektorat dorthin übersiedeln. Dies geschieht, um nach außen das Gesicht zu wahren.“

16. März 1942, Notiz Reuters über ein Gespräch mit Höfle; – beide in Lublin: „1. Es wäre zweckmäßig, die in den Distrikt Lublin kommenden Judentransporte auf der Abgangsstation in arbeitseinsatzfähige und nicht arbeitseinsatzfähige Juden zu teilen. 2. Nichteinsatzfähige Juden kommen sämtlich nach Belzec! Zum Abschluss erklärte Höfle, er könne täglich vier bis fünf Transporte zu je 1.000 Juden mit der Zielstation Belzec aufnehmen. Diese Juden kämen über die Grenze und würden nie mehr in das Generalgouvernement zurückkommen.

24. März 1942, Rademacher vom Auswärtigen Amt an die Personalabteilung im Hause: „Je stärker sich der deutsche Sieg abzeichnen wird, umso größer und vordringlicher werden die Aufgaben des Referats, denn die Judenfrage muss im Laufe des Krieges gelöst werden, da sie nur so ohne allgemeines Weltgeschrei erledigt werden kann. Nach der Erledigung der Judenfrage in Deutschland wird es notwendig werden, an die anderen europäischen Länder der Reihe nach heranzugehen, wie es jetzt schon der Slowakei und Kroatien gegenüber geschieht.“

27. März 1942, Josef Goebbels schreibt in seinem Tagebuch: „Aus dem Generalgouvernement werden jetzt bei Lublin beginnend, die Juden nach Osten abgeschoben. Im großen kann man wohl feststellen, dass 60 Prozent davon liquidiert werden müssen, während nur noch 40 Prozent zur Arbeit eingesetzt werden können. Der ehemalige Gauleiter von Wien, Globocnik, der die Aktion durchführt, tut das mit ziemlicher Umsicht und auch mit einem Verfahren, das nicht auffällig wirkt. An den Juden wird ein Strafgericht vollzogen, das zwar barbarisch ist, das sie aber vollauf verdient haben. Die Prophezeiung, die der Führer ihnen für die Herbeiführung eines neuen Weltkrieges mit auf den Weg gegeben hat, beginnt sich in furchtbarer Weise zu verwirklichen. Die in den Städten des Generalgouvernements frei werdenden Ghettos werden jetzt mit den aus dem Reich abgeschobenen Juden gefüllt, und hier soll sich dann nach einer gewissen Zeit der Prozess erneuern.“

1. Mai 1942, Greiser an Himmler: „Die von Ihnen im Einvernehmen mit dem Chef des Reichssicherheitshauptamtes SS-Obergruppenführer Heydrich genehmigte Aktion der Sonderbehandlung von rund 100.000 Juden in meinem Gaugebiet wird in den nächsten zwei bis drei Monaten abgeschlossen werden können. Ich bitte Sie um Genehmigung, mit dem vorhandenen und eingearbeitenden Sonderkommando im Anschluss an die Judenaktion den Gau von einer Gefahr befreien zu dürfen, die mit jeder Woche katastrophalere Formen annimmt. Es befinden sich hier im Gaugebiet etwa 230.000 bisher erkannte Tbc-Kranke polnischer Volkstumzugehörigkeit. Von diesen wird die Zahl der mit offenen Tuberkulose behafteten Polen auf zirka 35.000 geschätzt. Bei der Dringlichkeit dieses Vorhabens bitte ich Sie möglichst schnell um ihre grundsätzliche Genehmigung, damit jetzt während der ablaufenden Aktion gegen die Juden bereits die Vorbereitungen zum anschließenden Anlaufen der Aktion gegenüber den offen mit Tbc behafteten Polen mit allen Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden können.“

9. Juni 1942, Heinrich Himmler vor seinen SS-Generälen: „Die dritte Aufgabe ist die Völkerwanderung in Europa, die wir vollziehen. Die Völkerwanderung der Juden werden wir in einem Jahr bestimmt fertig haben; dann wandert keiner mehr.“

9. Juni 1942, Lagebericht der Staatspolizeistelle Lodz: „Im Zuge der der Bildung des Gaughettos erwies es sich als notwendig, Raum für die anzusiedelnden Juden zu schaffen. Zu diesem Zweck wurde eine größere Anzahl von nicht arbeitsfähigen Juden aus dem Ghetto evakuiert und dem Sonderkommando zugeführt. Von den polnischen Juden wurden seit dem 16.1.1942 insgesamt 44.152 ausgesiedelt. Von den aus dem Altreich, der Ostmark und dem Protektorat Böhmen und Mähren im Oktober 1941 in das hiesige Ghetto eingewiesenen Juden wurden 10.993 evakuiert, so dass nunmehr für zirka 55.000 Juden Platz geschaffen worden ist.“

1. Februar 1943, Speer an Himmler: „Wie mir berichtet wird, ist im Bezirk Bialystok eine größere Umsiedlungsaktion im Gange. Etwa 40.000 Juden sollen aus dem Ghetto Bialystok evakuiert worden. Um den in dem Urwaldgebiet von Bialowitze noch befindlichen Partisanen die letzten Stützpunkte zu nehmen, sollen die dort lebenden Weißruthenen, hauptsächlich Kleinbauern – ebenfalls 40.000 Menschen -, ausgesiedelt und in die in Bialyistok frei gewordenen Judenwohnungen überführt werden. Da dieselben aber für die ländliche Bevölkerung nicht ausreichen, entsteht ein zusätzlicher Wohnungsbedarf, der durch eine Holzhaus-Siedlung beziehungsweise Baracken für 20.000 Menschen gedeckt werden soll.“

12. Mai 1943, Gespräch zwischen Greifelt und Himmler: „Der Reichsführer-SS hat angeordnet, dass die Ansiedlungsmaßnahmen, – zur Ansiedlung von Volksdeutschen in der Region Zamosc -, im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten fortgeführt werden, wobei die anderweitige Unterbringung der abgesiedelten Polen gefördert werden müsse. Eine vordringliche Aufgabe im Generalgouvernements sei es, die dort noch vorhandenen knapp 400.000 Juden zu entfernen.“

Dies waren nur Auszüge aus tausenden von Schriftstücken, welche das Nazi-Regime in Bezug auf die Vernichtung der europäischen Juden niedergeschrieben hatte.

Möge solch Unrecht nie wieder in der Geschichte der Menschheit geschehen.

Von Rolf von Ameln

Rolf v. Ameln ist Buchautor, sowie IN-Korrespondent in Deutschland und Spezialist für Themen der Zeitgeschichte. Er schreibt seit 25 Jahren für die Israel-Nachrichten.

 

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Von am 07/07/2019. Abgelegt unter Spiegel der Zeit. Sie knnen alle Antworten zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0. Kommentare und pings sind derzeit geschlossen.

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