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Was die Deutsche Volkszeitung am 21. Februar 1937 noch aus Prag, Paris und Basel berichten konnte

Die „Deutsche Volkszeitung“ für „Freiheit und Recht, Frieden dem deutschen Volk“ titelte am oben genannten Datum: Frontkämpfer Eggert enthauptet. Das III. Reich blutig wie am ersten Tag – 7 deutsche Freiheitskämpfer in der Todeszelle.

Deutsche Volkszeitung 1937. Foto: Archiv/RvAmeln

In den frühen Morgenstunden des 15. Februar wurde der Metallarbeiter Genosse Johannes Eggert in Plötzensee hingerichtet. Einem Frontkämpfer ließ Hitler den Kopf abschlagen. Das war der blutige Auftakt zu seiner „Internationalen Frontkämpfertagung“. Mit Johannes Eggert wurde der 23jährige Arbeiter Friedrich Richter aus Neugersdorf wegen „Landesverrats“ hingerichtet. Weitere Hinrichtungen sollen folgen. Das Reichsgericht hat nach 18 Monaten Zögern die Revision des Urteils im sogenannten „Richardstrassen-Prozess“ gegen die fünf unschuldig zum Tode verurteilten Neuköllner Arbeiter verworfen und sie damit dem Henker überliefert.

Es sind das die Arbeiter: Bruno Schröter, 41 Jahre, KPD, Helmut Schweers, 26 Jahre, KPD, Walter Schulz, 32 Jahre, Paul Zimmermann, 39 Jahre. Außer diesen sitzen in den Todeszellen Hitlers die Antifaschisten Richard Holzer, Berlin, 24 Jahre, wegen „Landesverrat“ und Hermann Scheffel, Hamburg, 34 Jahre, KPD, wegen angeblicher Erschießung eines Polizeibeamten. Blutig wie am ersten Tag – so kennzeichnet der „Neue Vorwärts“ das faschistische Deutschland an seinem vierten Jahrestag. Es ist nur zu wahr. Der Terror des Faschismus kennt keine Grenzen. So, wie er in Spanien zehntausende massakriert, Greise, Frauen und Kinder durch seine Bomben mordet, so wütet er mit heimlichem Mord und Hinrichtungen zu Hause im deutschen Land gegen deutsche Menschen. Ein Narr, wer glaubt, seinen Blutdurst besänftigen zu können. Nur im todesmutigem Ringen der Arbeiterklasse kann der Faschismus nieder gerungen werden.

In großen Lettern druckt die „DVZ“: Im Namen des deutschen Volkes: Hände weg von der Tschechoslowakei! Wir stellen an Dr. Goebbels folgende Fragen: Wann gedenken Sie Sowjetflugzeuge über Berlin, Dresden oder Breslau erscheinen zu lassen? Haben Sie schon die notwendigen Vorarbeiten veranlasst, dass deren Abflug vom „sowjetrussischen Flugzeug-Mutterschiff“, der Tschechoslowakei., besonders in London geglaubt wird? Ist mit Lord Rothermere bereits der genaue Termin dieser Weltsensation vereinbart? Hat Ribbentrop schon die entsprechende Protestnote an die Mächte in der Aktentasche? Sind die Anweisungen für den „Grenzschutz“ fertig, um sofort in Aktion zu treten?

Wurden in London zwischen Rutha und Ribbentrop, dem diplomatischen Chefagent Ihrer Bürgerkriegsliga (Antikomintern), alle Einzelheiten klar genug festgelegt, um im Sudetengebiet die entsprechende „spontane Volksempörung“ auszulösen? Funktioniert insbesondere der Meldegänger-Dienst zwischen dem Reichswehr-Grenzschutz und den „Gefechtsständen“ in den Sudeten besser als die Verbindung zu dem Brünner Spionagedienst? Haben Sie schon Namen und Adresse (Sitz Hotel „Alcron“) aller sowjetrussischen Stabsoffiziere, die Sie in Funktion treten lassen wollen?

Es sind ernste Informationen unseres Sonderkorrespondenten in Berlin, die uns veranlassen, diese Fragen zu stellen und die Weltöffentlichkeit vor kommenden Überraschungen in dieser Form zu warnen.

Deutsche Volkszeitung 1937. Foto: Archiv/RvAmeln

Dass all diese Bemühungen zum Scheitern verurteilt waren, unterstreicht die zu dieser Zeit noch in Prag, später ebenfalls in Paris erschienenen „Deutschen Volkszeitung“. Für das Exilorgan der KPD, die über die Komintern von Moskau aus gesteuert wurde, schrieben einst prominente deutsche Kommunisten, die nach 1933 in der Sowjetunion Zuflucht gesucht hatten, unter ihnen Paul Dietrich (1889 bis 1937) und Herbert Wehner (1906 bis 1990). Wehner hatte schon im Jahre 1936 in der linientreuen „DVZ“ Angriffe gegen die „Sozialistische Arbeiter-Partei“ (SAP) und deren Leitfigur Max Diamant (1908 bis 1992) geritten. Im Jahre 1937 wurde Paul Dietrich in der Sowjetunion verhaftet und erschossen.

Und 1938 bürgerte das Nazi-Terror-Regime, das von seinem Tod offensichtlich nichts wusste, den emigrierten Kommunisten aus. Ob die Redaktion der „DVZ“ jemals über das Schicksal ihres Mitarbeiters informiert war..? Jedenfalls lässt die Art, wie die Verbrechen der UDSSR in der kommunistischen Zeitung als „aufrichtige Liebe des russischen Volkes und jedes Bolschewiken zu Stalin“ beschönigt werden, den Protest auf der Titelseite gegen die brutale Enthauptung Johannes Eggerts und seines Genossen Friedrich Richter in Berlin-Plötzensee als Heuchelei erscheinen. Übrigens wurde Paul Dietrich in der „Deutschen Demokratischen Republik“ (DDR) zwar als antifaschistischer Widerstandskämpfer rehabilitiert, aber über den Grund seines Ablebens durfte dort nichts veröffentlicht werden.

Aber gerade weil dieses Blatt so interessant zu lesen ist, berichten die Israel Nachrichten darüber in einer der nächsten Ausgaben.

Von Rolf von Ameln

Rolf v. Ameln ist Buchautor, sowie IN-Korrespondent in Deutschland und Spezialist für Themen der Zeitgeschichte. Er schreibt seit 25 Jahren für die Israel-Nachrichten.

 

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Von am 20/03/2020. Abgelegt unter Spiegel der Zeit. Sie knnen alle Antworten zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0. Kommentare und pings sind derzeit geschlossen.

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