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Welthauptstadt GERMANIA – Der gebaute Größenwahn in Berlin und was übrig blieb

Adolf Hitler wollte Berlin in die „Welthauptstadt Germania“ umwandeln, die Hauptstadt des Dritten Reiches sollte zum Nabel der Welt werden. Noch im Jahre 1942 sprach Hitler im Führerhauptquartier in einem seiner endlosen Monologe: „Berlin wird als Welthauptstadt nur mit dem alten Ägypten, Babylon oder Rom vergleichbar sein! Was ist London, was ist Paris dagegen?“

Zwar waren die Pläne für den Umbau Berlins nicht neu – die Stadt hatte sich nach der Reichsgründung im Jahre 1871 stark ausgedehnt und städtebaulich kaum nach einem großen Plan weiterentwickelt – , jedoch blieben alle Ideen durch den Ersten Weltkrieg und die politisch schwierige Zeit der Weimarer Republik in der Schublade. Erst mit der „Machtergreifung“ Hitlers im Januar 1933 änderte sich dies schlagartig: die Neuplanung Berlins wurde zur Chefsache! Und das war kein Wunder, denn Hitler hatte schon Jahre zuvor Ideen zur städtebaulichen und architektonischen Entwicklung der Reichshauptstadt entwickelt. In einer Besprechung unter anderem mit Vertretern der Stadt im September 1933 ließ der Diktator keinen Zweifel an seiner Vision: „Berlin als Reichshauptstadt eines 65-Millionen-Volkes muß städtebaulich und kulturell auf solche Höhe gebracht werden, daß es mit allen Hauptstädten der Welt konkurrieren kann.“

Berliner Morgenpost vom Mittwoch, den 15. Juni 1938. Foto: Archiv/RvAmeln

Berliner Morgenpost vom Mittwoch, den 15. Juni 1938. Foto: Archiv/RvAmeln

Schon zu diesem Zeitpunkt äußerte er seine Vorstellungen von einer Nord-Süd-Achse, die zum neuen Dreh- und Angelpunkt Berlins werden sollte. Allerdings gab es in der Stadt zunächst nur vereinzelte Planungen, so etwa zur Umgestaltung von Stadtplätzen. Mit derartigen kurzfristigen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen verstand es das Nazi-Regime, propagandistisch den Eindruck einer „Arbeitsschlacht“ zu erwecken, die Menschen schnell in Lohn und Brot brachte. Erst mit dem Neubau der Reichsbank – heute: Auswärtiges Amt – in der Stadtmitte zeigte sich bereits der Einfluss der Nazis. Hitler persönlich bestimmte trotz eines Wettbewerbs einen Entwurf zur Ausführung, der bereits den Habitus künftiger NS-Bauten erahnen ließ: großer Baukörper, massive Werksteinfassade und betonte Fensterrahmungen.

Weitere Bauten wie das Reichsluftfahrtministerium in den Jahren 1935/36, heute: Bundesfinanzministerium oder der „Weltflughafen“ Tempelhof setzten mit ihrer Massivität und Größe markante Meilensteine in der Stadt – ohne allerdings Teil eines übergeordneten Planes zu sein. Eine erste städtebauliche Grundkonzeption bildete das Reichssportfeld mit dem Olympiastadion, das für die Sommerspiele 1936 errichtet wurde. Die starke axiale Ausrichtung auf den Glockenturm, – als gedachter „Führerturm“ – zeigte, wie sich die Nazis größere Anlagen vorstellten und welche politisch-propagandistische Funktion zu erfüllen war. Im Frühjahr des Jahres 1936 war Hitler jedoch immer mehr verärgert: Die Stadtverwaltung  äußerte anhaltende Bedenken zum Umfang sowie zu den immensen Kosten des Vorhabens und versuchte dieses zu bremsen. Kurzerhand beauftragte Hitler – geheim – Albert Speer mit der Gesamtplanung.

Am 30. Januar 1937 ernannte er Speer schließlich offiziell zum „Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt“ und setzte als Endziel das Jahr 1950 an. Dann sollte Berlin auch in „Germania“ umgetauft werden. Ausgestattet mit weitreichenden Vollmachten zogen Albert Speer und seine Dienststelle, die direkt Hitler unterstellt war, in die „Akademie der Künste“ direkt neben dem Brandenburger Tor ein. Und das war kein Zufall. So konnte Hitler doch die rückwärtigen Modellsäle bequem und ohne öffentliches Aufsehen von der Reichskanzlei durch die Ministergärten erreichen. Der von Albert Speer erstellte „Generalbebauungsplan“ sah ein Achsenkreuz vor, dessen Achsen (50 Kilometer in Ost-West- bzw. 38,5 Kilometer in Nord-Süd-Richtung) sich etwa in Höhe des Brandenburger Tores schneiden sollten. Vier große Ringstraßen hätten die Achsen immer wieder gekreuzt. Letztlich sahen die Planungen für Berlin Platz für insgesamt über 10 Millionen Einwohner vor. Kernstück der Planungen war das etwa 7 Kilometer lange Mittelstück der Achse zwischen Nord- und Südbahnhof, für das sich Hitler besonders interessierte. Vom Südbahnhof – Länge: 400 Meter – gelangte man auf die „Große Straße“, die in ihrer letzten Planfassung 140 Meter breit war – und damit die Pariser Champs-Elysees übertroffen hätte.

Im Anschluss an den großen Bahnhofsvorplatz sah Speer eine „Beutewaffenhalle“ vor, die direkt zum ersten Höhepunkt Germanias führen sollte: dem Triumphbogen. Als gebaute Dolchstoßlegende sollte er symbolhaft für das „im Felde unbesiegte deutsche Heer“ stehen. Im Attikakranz des knapp 120 Meter hohen Tores waren alle Namen der gefallenen deutschen Soldaten im Ersten Weltkrieg eingemeißelt in Stein vorgesehen. In nördlicher Richtung plante Speer entlang der Achse bis zu 200 Meter lange Großbauten, darunter über zehn einzelne Ministerien, Parteibauten, Vergnügungsstätten (u.a. Oper, Operette, Kino) oder Repräsentationsbauten der deutschen Wirtschaft. Am „Runden Platz“ war eine Soldatenhalle vorgesehen, die als Mahn- und Gedenkstätte auf den Tod für das Vaterland vorbereiten sollte. Höhepunkt der Planung war das Großgermanische Forum im Spreebogen, wo sich neben dem „Palast des Führers“ die Große Kuppelhalle erheben sollte. Auf einem quadratischen Grundriss von 300 mal 300 Metern stehend wäre sie etwa 320 Meter hoch geworden. Der Petersdom in Rom hätte in das für 180.000 Menschen vorgesehene Gebäude 17-fach hineingepasst.

Auf der Spitze der Kuppel platzierte Albert Speer auf Weisung des „Führers“ im Jahre 1940 den Adler auf der Weltkugel – eindeutiger Hinweis auf Hitlers Streben nach der Weltherrschaft. Der Reichstag sollte als Bibliothek erhalten bleiben. Die Siegessäule, die bis 1938 vor dem Reichstag stand, wurde – erhöht – auf ihrem heutigen Standort auf der bereits am 20. April 1939 eingeweihten Ost-West-Achse versetzt. Dennoch hatte Speer ein großes Problem: Auch wenn er frei werdendes Bahngelände nutzen wollte, so sollten den Planungen über 50.000 Wohnungen zum Opfer fallen. Zwischen 150.000 und 200.000 Menschen hätten ein neues Zuhause benötigt. Um diesen „Abrissmietern“ gleichwertigen Ersatz bieten zu können, wollte Speer die Gesetzgebung gegen die jüdische Bevölkerung nutzen und griff nach deren Wohnungen. Unter seiner Ägide wurden fast 24.000 jüdische Wohnungen erfasst und rund 75.000 Juden „umgesiedelt“. Dabei entwickelte sich Speer mit anderen Instanzen des Nazi-Terrorstaates zum Motor der „Entjudung“ Berlins. Zweifelsohne wollte er auf Kosten der Berliner Juden seine Neugestaltungspläne umsetzen.

Dazu kam es letztlich nicht mehr. Trotz des offiziellen Startschusses am 14. Juni des Jahres 1938 kamen die Bauarbeiten mit Beginn des Zweiten Weltkrieges zum Erliegen. Zwar ging es nach dem „siegreichen Frankreichfeldzuges“ 1940 zunächst weiter, jedoch beendete die Niederlage der 6. Armee in Stalingrad im Januar des Jahres 1943 die „Germania-Planung“, die dadurch eine Vision am Reißbrett blieb.

Die „Berliner Morgenpost“ wurde bereits 1898 im Ullstein-Verlag herausgegeben. Leopold Ullstein gelang es, den ersten modernen Medienkonzern der Welt aufzubauen – bis dieser von den Nazis zerschlagen wurde und die Ullsteins aufgrund ihrer jüdischen Herkunft ins Exil vertrieben wurden!

Von Rolf von Ameln

Redaktion Israel-Nachrichten.org

 

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Von am 14/03/2014. Abgelegt unter Spiegel der Zeit. Sie knnen alle Antworten zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0. Kommentare und pings sind derzeit geschlossen.

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