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Der „Völkische Beobachter“ schreibt am 22. April 1939 ein besonderes Lügenmärchen

Der „Völkische Beobachter“ druckt an diesem besagten Tag in seiner Münchener Ausgabe ein Märchen der besonderen Art ab, um die Deutschen auf den kommenden Krieg vorzubereiten und titelt: Lord Halifax macht Witze. Von Reichsminister Dr. Josef Goebbels: Der englische Außenminister Lord Halifax hat am vergangenen Mittwoch vor dem Oberhaus eine Rede geredet. In dieser Rede wird noch einmal der englische Standpunkt zu den augenblicklich zur Debatte stehenden internationalen Fragen in aller Breite dargelegt, soweit bei England von einem Standpunkt in dieser Angelegenheit überhaupt gesprochen werden kann. Hier ist mithin die ganze der Welt hinlänglich bekannte englische Argumentation zu finden.

Sie ist weder originell noch belustigend und wirkt auf einen logisch denkenden Menschen gänzlich konfus.Sie zeichnet sich weniger durch Beweisschärfe aus als vielmehr durch eine in der englischen Publizistik seit jeher gewohnte und mit Biedermannsmiene zur Schau getragenen Penetranz in der Verfechtung typisch britischer Ansichten und Vorstellungen. Wer also Zeit und Lust hat, den englischen Standpunkt kennnenzulernen, tut gut daran, diese Rede einer eingehenden Lektüre und Überprüfung zu unterziehen. Wir haben zwar wenig Zeit, aber viel Lust dazu, und deshalb fühlen wir uns veranlaßt, uns noch einmal mit Lord Halifax und seiner Argumentation auseinanderzusetzen.

Es sei erlaubt, eines vorauszuschicken: Es gibt in London eine gewisse Clique, die zweifellos den Krieg will, die auch kein Mittel unversucht läßt, zum Krieg hinzutreiben. Diese Clique sitzt zwar noch nicht in der Regierung, aber sie steht nahe bei ihr. Ihre prominentesten Vertreter sind jene Churchill, Eden, Duff, Cooper und Genossen, die seit Monaten die Weltöffentlichkeit mit ihrem hysterischen Kriegsgeschrei erfüllen und emsig an der Arbeit sind, die Völker der ganzen Erde in eine abgrundtiefe Panik hineinzustürzen. Wenn diese Herren die hand aufs Herz legen und der Wahrheit die Ehre geben wollen, so müssen sie eingestehen, daß das auch der Zweck ihrer Übung ist.

Sie sollten zwar eigentlich durch die vergangenen Ereignisse eines besseren belehrt sein. Denn jener Herr Eden hatte hinlänglich Gelegenheit, im Abessinienkonflikt festzustellen wohin eine bramarbasierende Kriegsdrohung führt, wenn man nicht die notwendige Macht besitzt, um in der entscheidenden Stunde auch zum letzten Mittel zu greifen. Herr Eden brachte aus dem Abessinienkonflikt nichts anderes mit nach Hause als eine weltpolitische Blamage für das englische Empire und für sich selbst den Ruf, der bestangezogene Mann Europas zu sein. Das ist zwar auch schon etwas, aber für die Führung eines Weltreiches zu wenig. Die englische Regierung wird nicht müde, dem deutschen Standpunkt gegenüber zu betonen, daß diese von uns mit Recht angegriffenen Vertreter der englischen Kriegspolitik nicht in den verantwortlichen Stellungen sitzen.

Das ist aber, wie von uns oft genug dargelegt wurde, nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Denn in der Demokratie kann die Opposition jeden Tag zum Zuge kommen, und ein autoritär geführter Staat tut deshalb gut daran, sich in all seinen Maßnahmen so einzurichten, als wenn in den ihm gegenüberliegenden Staaten nicht die Regierung, sondern die Opposition am Ruder wäre. Diese englische Kriegsclique besiezt mächtige Helfershelfer in der ganzen Welt, vor allem in paris und Washington. Im Hintergrunde gibt Moskau ihr Rückendeckung. Zwar ist diese Kriegsclique weder weltanschaulich noch politisch einheitlich ausgerichtet. Sie setzt sich zusammen aus zu kurz gekommenen Konservativen, aus feudalen Lords, haßerfüllten J u d e n, rachedürstigen Emigranten, machthungrigen Arbeiterparteilern, politisierenden Blaustrümpfen und moralisierenden Erzbischöfen.

Deren Motive sind teils imperialistischer, teils ideologischer, teils gefühlsmäßiger und teils religiös-konfessioneller Art. Wenn sie sich auch in ihren Absichten unterscheiden, so sind sie doch im Ziel durchaus einig. Und hier liegt ihre Gefahr! Man konnte die Hoffnung hegen, daß das offizielle England sich nach den Erfahrungen in der Septemberkrise des vergangenen Jahres und vor allem nach Abschluß des Münchener Akkords merkbar von ihnen absetzte. Aber die Opposition blieb nicht untätig und eröffnete gegen die englische Regierung einen propagandistischen Feldzug, der die in London am Ruder befindliche Gruppe mehr und mehr in die Enge trieb. Nun befindet sich die englische Regierung zweifellos in der Botmäßigkeit dieser Kriegsclique. Für sie gilt das Wort: „Du bist gefangen, ich fühle dich erbeben!“

Dafür ist die jüngste Rede Lord Halifax´ sozusagen ein Schulbeispiel. Hier wird zum Überfluß noch einmal der ganze Vorrat der politischen Argumentation der englischen Kriegspartei zum Vortrag gebracht. Der amerikanische Präsident Roosevelt hat in seiner Proklamation an den Führer und an den Duce mit vollen Lungen in dasselbe Horn geblasen. Das klang lauter, war aber echt amerikanisch, und die wildgewordenen Neuyorker und Washingtoner Publizistik ist mit einem Lärm ohnegleichen in Roosevelts Melodie eingefallen. Die Amerikaner haben gut schimpfen, denn sie sitzen weit vom Schuß. Aber ihre Polemik ist plump und ungeschlacht und entbehrt deshalb vollkommen des originellen Reizes.

Wenn sich auch maßgebende USA-Politiker beteiligen und die Polemik amtlicherseits noch verschärfen, so ist das keineswegs geeignet, sie dadurch etwas interessanter zu machen. Wir müssen also mit allem Freimut feststellen, daß Lord Halifax mit dieser Rede vor dem Oberhaus dem englischen Standpunkt keinen guten Dienst erwiesen hat. Diese Rede ist, wie alle englischen Reden der jüngsten Vergangenheit, ein Sammelsurium von Ungereimtheiten und Plattitüden. Sie machen es einem kritischen Beobachter immer schwerer, die englische Politik überhaupt noch zu verstehen. Aber London irrt, wenn es etwa glaubt, daß solche Reden die deutsche Öffentlichkeit irgendwie beeindrucken könnten.

An ihnen bleibt nur zu bewundern, mit welch einer souveränen Selbstverständlichkeit sie vorgetragen werden. Aber sie sind offenbar für die Galerie berechnet. Doch auch die Galerie des internationalen politischen Publikums ist in letzter Zeit hellhörig geworden. Sie nimmt englische Parlamentsreden ungefähr so entgegen, wie fleißige Kinobesucher schlechte Filme entgegenzunehmen pflegen, indem sie, um ihre Abneigung zu bekunden, ausgerechnet bei den ernstesten Stellen lachen. So auch hier. Lord Halifax hat offenbar den Ehrgeiz gehabt, politische Witze zu machen. Das haben wir doch ausdrücklich verboten, vor allem, wenn diese Witze alles andere als geistvoll sind. Aber hier reizen sie trotzdem zum Lachen, und zwar durch ihre unfreiwillige Komik.Deshalb sei es uns gestattet, leise vor uns hinzukichern und mit aller schuldigen Ehrfurcht zu bekennen, daß Lord Halifax besser getan hätte, zu schweigen, denn dann wäre er ein Philosoph geblieben.

Etwas mehr als sechs Jahre später stopfte sich Goebbels durch Suizid selbst das große Mundwerk.

Von Rolf von Ameln

 

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Von am 23/09/2018. Abgelegt unter Spiegel der Zeit. Sie knnen alle Antworten zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0. Kommentare und pings sind derzeit geschlossen.

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