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Ein Treffen zwischen Stalin und Churchill waren die Vorboten des Kalten Krieges

Am 9. Oktober des Jahres 1944 landeten der englische Premierminister Winston Churchill und sein Außenminister Robert Anthony Eden in Moskau, um dort mit Stalin und dem sowjetischen Außenminister Molotow über die künftige Einflussnahme am Balkan zu beraten. Auf nur einem halben Blatt Papier wurde die Zukunft Rumäniens, Bulgariens, Jugoslawiens, Ungarns und Griechenland festgelegt.

Stalin und Churchill. BBC/screenshot

Im Herbst 1944 hatten sich die „großen Drei“, Roosevelt, Stalin und Churchill, bereits in unterschiedlichen Konstellationen getroffen, um die Koordination der Kriegsführung aber auch die politische Weltordnung nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges zu besprechen. Einig war man sich darin, Nazi-Deutschlands bedingungslose Kapitulation zu erzwingen. Wie es aber danach mit Deutschland weitergehen sollte, war höchst ungewiss. Die Westmächte hatten die schlechteren Karten, denn letztendlich war das militärische Übergewicht der UdSSR seit 1945 eindeutig. Die Beschlüsse der Konferenz von Jalta im Februar 1945 spiegelten die Tatsache wider, dass die Rote Armee bereits 65 Kilometer vor Berlin stand, während sich die alliierten Truppen noch immer genauso weit von der deutschen Hauptstadt entfernt aufhielten wie im September 1944.

Am 6. Juni desselben Jahres waren die Alliierten in der Normandie gelandet. Stalins Armeen hatten die Grenze der Sowjetunion überschritten und kämpften in Polen, Ungarn, Rumänien, Jugoslawien und der Tschechoslowakei teilweise bis zum Frühjahr 1945 gegen die Deutschen; Bulgarien wurde besetzt, Finnland schied aus dem Krieg aus. Der Balkan war auf Russlands Gnade angewiesen. In Griechenland erreichte zu dieser Zeit der Bürgerkrieg, der bis in das Jahr 1949 hinein noch andauern sollte, seinen Höhepunkt. In Jugoslawien kämpften kommunistische Partisanen unter der Führung von Tito auf Seiten der roten Armee. In der Polen-Frage war man sich im Herbst 1944 nur darüber einig, dass das kommunistische Lubliner-Komitee um Mitglieder der Exilregierung erweitert wurde. Churchill und Stalin kamen überein, den polnischen Ministerpräsidenten und zwei weitere polnische Regierungsmitglieder ebenfalls nach Moskau einzuladen, um eine Aussprache mit dem Lubliner-Komitee herbeizuführen.

Churchill wollte die Gunst der Stunde nutzen, um mit Stalin auch die Einflusssphären am Balkan abzustecken. In seinen Memoiren schilderte Churchill das Gespräch wie folgt: „Da mir der Moment günstig schien, um die Dinge entschlossen anzupacken, sagte ich <Lassen Sie uns unsere Angelegenheiten am Balkan regeln. Ihre Armeen sind in Rumänien und Bulgarien. Wir haben dort Interessen, Missionen und Agenten. Lassen Sie uns dort nicht in kleinlicher Weise gegeneinander arbeiten. Um nur von Großbritannien und Russland zu sprechen, was würden Sie dazu sagen, wenn Sie in Rumänien zu neunzig Prozent das Übergewicht hätten und wir zu neunzig Prozent in Griechenland, während wir uns in Jugoslawien auf halb und halb einigen>?

Während das übersetzt wurde, schrieb ich auf ein halbes Blatt Papier: Rumänien: Russland 90 %, die anderen 10 %. Bulgarien: Russland 75 %, die anderen 25 %. Griechenland: Großbritannien 90 % – im Einvernehmen mit den USA -, Russland 0 %, Jugoslawien 50-50 %, Ungarn 50-50 %. Ich schob den Zettel Stalin zu, der mittlerweile die Übersetzung gehört hatte. Eine kleine Pause trat ein. Dann ergriff er weinen Bleistift, machte einen großen Haken und schob uns das Blatt wieder zu. Die ganze Sache beanspruchte nicht mehr Zeit, als sie zu schildern nötig war. Diesmal trat ein langes Schweigen ein. Das mit Bleistift beschriebene Papier lag in der Mitte des Tisches. Schließlich sagte ich: <Könnte man es nicht für ziemlich frivol halten, wenn wir diese Fragen, die das Schicksal von Millionen Menschen berühren, in so nebensächlicher Form behandeln? Wir wollen den Zettel verbrennen.> – <Nein, behalten Sie ihn>, sagte Stalin.“ Damit war die prozentuelle Aufteilung der Einflusssphären aber nicht abgeschlossen.

Molotow verlangte für Russland 75 % von Ungarn, ebenso 75 Prozent des Einflusses von Bulgarien, 60 Prozent von Jugoslawien. Das sei Stalins Preis, um dafür Griechenland und Italien den Westalliierten zu überlassen. Nach weiteren Verhandlungen zwischen dem sowjetischen Außenminister Molotow und seinem englischen Pendant Eden stand fest: Ungarn: 75/25; Bulgarien: 80/20; Jugoslawien: 50/50 %. Der US-Botschafter Harriman wurde anschließend über die Übereinkunft informiert, das „Gentlemen-Agreement“ per Handschlag besiegelt. Es wurden keine weiteren Länder erwähnt. Was Griechenland anging, hielt Stalin sein Versprechen. In dem dort immer noch herrschenden Bürgerkrieg wurden die griechischen Regierungstruppen von England unterstützt. Die kommunistischen Partisanen erhielten aber keine Unterstützung von der Sowjetunion.

Wenige Monate später sollten sich Roosevelt, Stalin und Churchill wieder treffen, diesmal bei der Konferenz von Jalta auf der russischen Halbinsel Krim. Im Mittelpunkt dieser Verhandlungen sollte die Behandlung Deutschlands nach dessen Kapitulation stehen, ebenso wie die Gründung der Vereinten Nationen. Stalins Ausgangsbasis war machtvoll, schließlich hatte die Winteroffensive der Roten Armee die Westalliierten nach der Ardennenoffensive der Deutschen stark entlastet, Polen und weitere Ostgebiete waren von den Sowjet-Armeen erobert worden, die Rote Armee stand bereits an der Oder. Dies und auch der (vermutlich) angeschlagene Gesundheitszustand Roosevelts führten dazu, dass die Westalliierten Stalin äußerst kompromissbereit entgegentraten.

Stalins Ziel bestand darin, die ost- und südeuropäischen Länder als sowjetische Interessensphäre zu kennzeichnen. Polens Ostgrenze wollte er zugunsten der Sowjetunion auf die „Curzon-Linie“ festlegen. Roosevelt und Churchill stimmten dieser neuen Grenzlinie unter der Bedingung bei, dass an der provisorischen polnischen Regierung auch die Londoner Exilregierung sowie nicht kommunistische Funktionäre beteiligt werden sollten – aber dies erst nach demokratisch abgehaltenen Wahlen. Schwierig war es für die Westalliierten, die Beteiligung Frankreichs an der Besatzung gegenüber Stalin durchzusetzen. Einig war man sich über eine umfassende Entmilitarisierung und Entnazifizierung.

Stalin stimmte der Beteiligung Frankreichs, dessen Vertreter weder nach Teheran noch nach Jalta eingeladen worden waren, nur unter der Bedingung zu, dass die französische Besatzungszone aus Teilen des britischen und des amerikanischen Einflussgebietes gebildet werden sollte. Die sowjetischen Ansprüche sollten unangetastet bleiben. Stalin verpflichtete sich in Jalta ebenfalls, binnen 90 Tagen nach Kriegsende in Europa Japan den Krieg zu erklären, wofür ihm territoriale Gewinne in Fernost in Aussicht gestellt wurden. Und Roosevelt konnte sich die Zusage Stalins zur Bildung einer internationalen Friedensorganisation, der UNO, sichern.

Die Geschichtsbücher des 20. Jahrhunderts jedoch lehrten uns eine andere Wirklichkeit; – bis heute.

Von Rolf von Ameln

 

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Von am 21/01/2019. Abgelegt unter Spiegel der Zeit. Sie knnen alle Antworten zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0. Kommentare und pings sind derzeit geschlossen.

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