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Was den Deutschen vom Fernsehen über Adolf Hitler noch heute eingetrichtert wird III. Teil

Die meisten Fotos, die von Hitler bekannt sind, haben einen militärischen Rahmen. Nicht wegzudenken vom Geschehen sind dabei die Generäle des „Gröfaz“, war doch die zweite Hälfte des Nazi-Herrschafts-Regime vom Krieg bestimmt und die Jahre zuvor von den Vorbereitungen darauf. Schon bevor sie ihn in trauter Gemeinsamkeit begannen, war das Verhältnis zwischen Hitler und der Generalität eng miteinander verspannt – symbiotisch aufeinander bezogen, temperiert von Misstrauen, Herablassung, Abneigung, auch von Bewunderung, Willfährigkeit, aufgeladen von Hoffnungen und getrieben von der Gier nach Macht aller Beteiligten.

Adolf Hitler als Soldat im I. Weltkrieg. screenshot

Das alles geht bis in die Anfänge von Adolf Hitlers politischer Karriere zurück, als er, untergebracht in verschiedenen Kasernen Münchens, innerhalb von zwei Jahren vom unbekannten Soldaten zum populären Propagandaredner und Parteichef im rechtsradikalen Lager avancierte, angleitet vom Generalkommando des bayrischen Heeres und dessen Nachrichtendienst-Offizieren. Danach förderten zwei „Heldenfiguren“ deutscher Kriegsgeschichte seinen Aufstieg. Zuerst Generalfeldmarschall Ludendorff, ein früher Befürworter des „totalen Krieges“, der sein Mittäter beim gescheiterten Putsch von 1923 war. Es folgte Hindenburg, der ihn letztendlich als Reichspräsident an die Spitze der Regierung hievte.

Dort arbeitete schnell die ganze Elite des Militärs mit ihm daran, Macht und Herrlichkeit des neuen Deutschen Reiches zu vergrößern. Bevor es dann im Jahre 1939 so richtig zur Sache ging, tütete der Oberbefehlshaber des Heeres, General von Brauchitsch, den Soldaten die eiserne Ration für das geistige Sturmgepäck ein: „Adolf Hitler, der geniale Führer, der die tiefe Lehre des Frontkämpfertums in die Weltanschauung des Nationalsozialismus umprägte, hat uns das neue Großdeutsche Reich aufgebaut…Wehrmacht und Nationalsozialismus sind desselben geistigen Stammes.“

Ende des Jahres 1941 jedoch entließ der „geniale Führer“ den Huldiger von Brauchitsch und setzte sich selbst, im ganzen Reich als „Feldherr“ gefeiert, auf dessen Posten. Der Herrscher im neuen Großdeutschen Reich, das gerade dabei war, sich ins „Großdeutsche Großreich“ zu schießen, übte sich nun als Meister des Landkartenspiels, die kontinentalen Pfeile waren die Trümpfe und wurden wegweisend zum „Endsieg“ eingezeichnet. Die Völker, die ringsum lebten, vor allem die im Osten, waren die „Wertlosen“. Auf dem Tisch ausgebreitet ließen die gestrichelten Linien die blutigen Schlachtfelder in den Weiten Osteuropas wie Schnittmuster von Kleidungsstücken erscheinen. Umgeben von diensteifrigen Offizieren, widmete er sich fortan in der „Wolfsschanze“, seinem „Hauptquartier in Ostpreußen“, vornehmlich den kriegerischen Operationen auf großzügig drapierten Kartenvorlagen. Böse Zungen behaupteten: „Ab dem Zeitpunkt war er nur noch im Nebenberuf Reichskanzler.“

Man sollte sich in heutigen Tagen eine Galerie vorstellen, bestückt mit Hitler-Imaginationen, wie sie sich über Generationen in den „Festplatten“ des deutschen kollektiven Bewusstseins angesammelt hatten. Der „Militaria-Saal“ hätte wohl die gleichen Ausmaße wie die ehemalige Reichskanzlei in Berlin: Dicht an dicht die Exponate, nebeneinander und übereinander. Die Episoden und Trivialmythen von den deutschen Stammtischen, aus den sogenannten „Erinnerungsbüchern“, den Diskussionen im Internet, die Szenarien in Filmen, Fernsehsendungen verschiedener Sendeanstalten und literarischen Verarbeitungen, die detaillierten Darlegungen in „wissenschaftlichen“ Studien und Bildbänden, Einzelporträts, Paraden, Gruppenbilder, die in Öl gemalten Hitler-Bilder im Großformat und die gestellten Schnappschüsse von Hoffmanns Kamera. Auch wenn er nicht leibhaftig zu sehen ist, bei den historischen Kriegsbildern blendet er sich, quasi bei jeder abgebildeten Kanone, wie von selbst ein. Ähnlich bei der Tonuntermalung: Lautsprecher-Gekrächze, Einschläge von Bomben und Geschützdonner, Redefetzen und schnarrende Befehle, Fanfaren der Sondersendungen, ekstatisches Gebrüll und Trauermärsche.

Motiv über Motiv auf Schritt und Tritt – die Lagebesprechung, der locus classicus in jeder Kriegsgeschichte. Im Mittelpunkt des Bildes vor einer Landkarte der „Feldherr“, um ihn herum ausgewähltes Führungspersonal in militärischer Kostümierung wie bei einem Karnevalsumzug. Vom Betrachter kann dazu irgendwo, kaum ersichtlich, irgendwo am Bildrand platziert, ganz klein und verschnörkelt, der „Verräter“ Oberst im Generalstab, Graf von Stauffenberg imaginiert werden, der vor Ort vergeblich versuchte, den „Jahrhundert-Verbrecher“, Adolf Hitler, in die Luft zu jagen.

Ausgangs des 20. Jahrhunderts, etwa zur gleichen Zeit, als die Wehrmachtsausstellung in einer Reihe von deutschen Städten für Tumulte, Demonstrationen und heftige Diskussionen sorgte, erschienen mehrere Sammelbände, in denen die Kommandeure vorgestellt wurden, die gemeinsam mit dem „Führer“ die Welt mit Krieg überzogen. Doch die einzelnen Beiträge in den Bänden sind, was quellenkritisches Handwerk und historisch-biographisches Urteilsvermögen angeht, von eklatanter Ungleichheit. Bemerkenswert jedoch sind doch alle. Was die Vermehrung der Erkenntnisse angeht, gewinnt der geneigte Leser oft größere Einsicht in die Ressentiments der jeweiligen Autoren als in die Lebenswirklichkeiten der porträtierten Generäle.

Oft sind „Wehrmachtskollegen“ mit ihren Erinnerungen als Zeugen herbeizitiert, deren Aussagen lange schon wertlos geworden sind. Alten Bräuchen folgend, dürfen sie unangefochten vorbringen, was sie sich nach 1945 zu ihrer Rechtfertigung ausgedacht hatten: über sich selbst, über ihre Taten, Absichten und Beweggründe. Manche der Porträts wirken wie die kitschigen Postkarten des „Malermeisters Hitler“, von Historikern für die Gegenwart neu koloriert.

Einige Autoren ähneln Rechtsanwälten, die das Erbe ihrer Klienten verwalten, oder Obsthändlern, die ihre langsam faulende Ware für das Schaufenster frisch machen. Es gibt aber eine Reihe von bemerkenswerten Ausnahmen; – generell indessen ist auch heute noch von einem „kritischen Wind“ recht wenig zu spüren.

Fortsetzung folgt in der nächsten Ausgabe der Israel Nachrichten.

Von Rolf von Ameln

Rolf v. Ameln ist Buchautor, sowie IN-Korrespondent in Deutschland und Spezialist für Themen der Zeitgeschichte. Er schreibt seit 25 Jahren für die Israel-Nachrichten.

 

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Von am 28/08/2019. Abgelegt unter Spiegel der Zeit. Sie knnen alle Antworten zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0. Kommentare und pings sind derzeit geschlossen.

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