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Die Türkei, die Kurden und kein Ende – eine lange Tradition der Unterdrückung der Kurden von „Atatürk“ bis Erdogan

So jedenfalls kann man diese neuerliche militärische Invasion der Türkei unter Erdogan gegen die Kurden – jetzt in Nord-Syrien – beschreiben.

„Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan begründet den Einsatz der türkischen Armee in Nordsyrien mit dem Recht auf Selbstverteidigung nach Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen (UN). Darin ist das „naturgegebene Recht zur individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung“ festgehalten. Dieses Recht gilt im Falle eines bewaffneten Angriffs gegen ein UN-Mitglied – und zwar so lange, bis der internationale Sicherheitsrat Maßnahmen beschließt, um den Weltfrieden zu wahren. Für Erdogan ist die Kurdenmiliz YPG, die als Teil der Demokratischen Kräfte Syriens (SDF) an der Seite der USA gegen die Terrormiliz  Islamischer Staat (IS)  kämpfte, der verlängerte Arm der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Die PKK steht auch in Europa und den USA auf der Terrorliste, sie war in der Vergangenheit immer wieder für Anschläge in der Türkei verantwortlich.Die Türkei will die YPG zum Abzug aus dem syrisch-türkischen Grenzgebiet zwingen und auf syrischem Boden eine 30 Kilometer breite „Sicherheitszone“ errichten.“[Welt.de]

Tatsache ist, dass sich Erdogan in Bezug auf die Kurden, in „bester“ Tradition seit „Atatürk“ noch nie um Völkerrecht geschert hat, ganz im Gegenteil. Zwangs-Assimilation, Verrat, staatliche und gesellschaftliche Diskriminierung und türkischer Nationalismus prägen spätestens seit 1924 und bis heute das Zusammenleben von Türken und Kurden, wohlwissend dass ca. 25% der Bevölkerung der Türkei Kurden sind und sie gemeinsam 1923 den Staat am Bosporus gegründet haben.

„Die Kurdinnen und Kurden sind eine autochthone Volksgruppe, deren Hauptsiedlungsgebiete im Norden des Irak, im Nordosten Syriens, im Osten der Türkei und im Nordwesten des Iran liegen. Die Kurden nennen ihre Heimat Kurdistan, was „Land der Kurden“ bedeutet, und ihre Bevölkerungszahl wird insgesamt auf 25 bis 35 Millionen geschätzt. Die Kurdinnen und Kurden werden daher oft als das größte Volk ohne einen eigenen Staat bezeichnet. Bis 1918 beherrschte das Osmanische Reich mehrere Jahrhunderte lang die verschiedenen von Kurdinnen und Kurden besiedelten Regionen. In den Wirren nach dem Zusammenbruch des Osmanischen Reiches versprach der Gründer der Türkischen Republik, Mustafa Kemal, kurdischen Vertretern in Anatolien die politische Unabhängigkeit, sollten sie die türkische Seite im Kampf gegen die als Bedrohung empfundenen Minderheiten Anatoliens unterstützen, allen voran gegen die christlichen Armenierinnen und Armenier. Auch der im Jahr 1920 geschlossene Friedensvertrag von Sèvres sah für die Kurdinnen und Kurden die Unabhängigkeit vor. Als die Siegermächte des Ersten Weltkrieges, Großbritannien und Frankreich, jedoch ihren Interessen entsprechend die Staaten Irak und Syrien gründeten, rückte die Gründung eines eigenen kurdischen Staates in weite Ferne. 1923 war im Folgevertrag von Lausanne keine Rede mehr von kurdischer Unabhängigkeit, da durch die geschickte Politik Mustafa Kemals und dem Sieg der Türkinnen und Türken im griechisch-türkischen Krieg viele Punkte des Vertrages von 1920 zugunsten des neuen türkischen Staates revidiert wurden….“ [RAA Brandenburg.de]

Mit dem Beginn des Abzugs der US-Truppen aus Nord-Syrien am 06.10.19 sah Erdogan seine Chance gekommen, gegen die YPG (kurdische Volksverteidungseinheiten in Syrien) massiv militärisch vorzugehen und damit eine angebliche „Pufferzone“ zwischen Syrien und der Türkei zu schaffen, sein Land, propagandistisch wirksam, „vor kurdischen Terrorakten zu schützen“ und im gleichen Atemzug die im Land befindlichen ca. 3,6 Millionen Flüchtlinge – davon 3 Millionen aus Syrien – in diese dann angeblich sichere Zone auf syrischem Territorium zurückzudrängen. Tatsächlich geht es diesem Möchtegern-Sultan vom Bosporus aber darum, die im Kampf gegen den IS höchst erfolgreichen kurdischen Kämpfer in Syrien weit weg von seiner Grenze zu halten und ein mögliches politisches Signal an die Kurden in der Türkei zu verhindern.
Erdogan kann sich relativ sicher sein, auch weiterhin von der EU jährlich rd. 700 Millionen EUR für die „Förderung von Demokratie, Zivilgesellschaft und Rechtstaatlichkeit“ zu erhalten, zusätzlich zu den deutschen Milliarden für den „Flüchtlingsdeal“, der die ca. 3 Millionen syrischen Flüchtlinge auf dem Territorium der Türkei davon abhalten soll, den Weg in das vermeintliche Paradies in Deutschland via Griechenland und Balkan anzutreten. Mit diesem Erpressungspotential kann Erdogan jetzt machen was er will und zeigt der EU, wer die Gangart bestimmt. Merkel, Macron, Juncker, von der Leyen und Mogherini sind es jedenfalls nicht.

Er machte unmissverständlich klar: „Hey, Europäische Union. Reißt Euch zusammen. Seht, ich sage es noch einmal: Wenn ihr versucht, unsere aktuelle Operation als Besatzung zu bezeichnen, dann haben wir leichtes Spiel. Dann öffnen wir die Türen und schicken euch (die) 3,6 Millionen Flüchtlinge“, sagte Erdogan in einer Rede vor Angehörigen seiner Regierungspartei AKP am Donnerstag: Mehrmals wiederholte er: „Dann öffnen wir eben die Türen.“ Erdogan reagiert damit auf Kritik der EU an der Militäroffensive gegen Kurden in Nordsyrien. Der türkische Präsident wies internationale Vorwürfe, die auch aus Ägypten und Saudi-Arabien kamen, als unaufrichtig zurück.“ [Morgenpost.de]

In den Medien wurde der bisherige, immer unerträglicher werdende Greta-Hype abgelöst von Berichten zur türkischen Invasion in Nord-Syrien. Nach dem jüngst beschlossen „Klimapaket der Bundesregierung“ steht zu vermuten, dass die Kindsgöttin Greta und Zeugen Gretas, die pupertären Lemminge samt „Extinction Rebellen“ ihre Schuldigkeit getan haben und die Politik unwidersprochen all die neuen Steuern „zur Rettung des Klimas“ auf den Weg bringen konnte, ohne jedoch die Probleme angehen zu müssen, die sie bisher verschlafen oder aus wahltaktischen Gründen umgangen hat. Wie verlogen diese ganze Klima-Show ist hat Greta selbst in New York vor den Vereinten Nationen im Beisein aller wichtigen Staatschefs demonstriert: „Wie konntet Ihr es wagen, meine Träume und meine Kindheit zu stehlen mit Euren leeren Worten?“, fragte die 16-jährige Schwedin mit Tränen in den Augen und fast erstickter Stimme. „Wir werden Euch das nicht durchgehen lassen. (…) [Manager Magazin]

Kein Wort zu den Kindern in Kenia, die für den Betrieb von Mobiltelefonen Kobalt schürfen und kaum älter als 30 werden oder anderswo als Kindersoldaten in Afrika kämpfen. Diesen und vielen Millionen anderen Kindern wird täglich die Kindheit gestohlen – ohne jede Erwähnung. Das ist Beliebigkeit auf höchstem Niveau.

Putin befindet sich derzeit ebenfalls in einer relativ komfortablen politischen Position. Dash ist in Syrien und dem Irak faktisch besiegt, die internationale Allianz im Kampf gegen den „Islamischen Staat“ hat sich erwartungsgemäß zurückgezogen und die USA haben in diesem Monat ebenfalls die Tür in Syrien hinter sich zugezogen. Putin ist wieder Herr im Land und wird nur noch punktuell von Erdogan gestört. Das jüngste Beistandsgesuch der YPG an Assad wird ihr Ziel nicht verfehlen, es darf aber sehr angezweifelt werden, dass es zu einer späteren Autonomie der Kurden kommen wird. Weder in Syrien, noch im Nord-Irak und schon gar nicht im Iran oder der Türkei. Der einstige, militärisch sehr erfolgreiche Partner im Kampf gegen den IS, die kurdischen Bodentruppen (unter anderem auch von Deutschland bewaffnet), werden jetzt ebenso von Europa verraten, wie einst nach dem 1. Weltkrieg von England und Frankreich. Wenn Europa couragiert handeln würde, wäre die türkische Invasion in Syrien morgen vorbei.

Für Israel ist die jetzt entstandene politische und militärische Lage höchst prekär und existenziell gefährlich. „Für Israel kommt der Rückzug der USA aus Nordsyrien  zur Unzeit. Seit Jahren sieht sich das Land der Herausforderung durch den Iran gegenüber. Die Regierung in Teheran hat ihr Engagement an der Seite Baschar al-Assads im Syrienkrieg konsequent dazu genutzt, die Präsenz des Iran dort auszubauen. Die iranischen Elitetruppen, die al-Quds-Brigaden, stehen nun so nah wie nie zuvor an den israelischen Grenzen. Nun aber  stehen die Iraner in Syrien  und dürften von dort nicht mehr allzu leicht zu vertreiben sein. Vor allem müssten die Israelis sich mit dem Gedanken vertraut machen, dass sie dem Iran fortan wohl allein gegenüberstünden, schreibt der Polit-Analyst Eyal Tsir Cohen vom Thinktank „Brookings Institution“ in Washington. Bislang hatten sie sich auf die USA als unbedingten Verbündeten verlassen können. Diese Annahme sollten die politischen Entscheidungsträger in Jerusalem angesichts des US-Rückzugs aus Kurdistan noch einmal überdenken. Für Israel stellt sich die Frage, inwieweit es sich mit Russland als gesamtsyrischer Schutzmacht in der Auseinandersetzung mit dem Iran arrangieren wird. Zwar dürfte Russland den Iran einhegen. Zugleich aber dürfte es Israel zumindest in Teilen daran hindern, sich selbst zu verteidigen. Die Hoheit über das Kräfteverhältnis der beiden Kontrahenten läge dann bei Moskau – ein Umstand, der die russische Regierung in der Region massiv aufwerten dürfte. [DW-Geopolitik]

Die latenten Israel-Hasser und Netz-Antisemiten aller Couleur vergleichen die türkische Invasion in Syrien und die Schaffung einer „Pufferzone“ im Norden des Landes mit der israelischen Besetzung der Golan-Höhen. Hier werden historische Tatsachen bewusst verdreht. An der Grenze zur Türkei standen zu keinem Zeitpunkt 1.500 angriffsbereite Panzer der syrischen Armee, wie zu Yom Kippur am 06. Juni 1973, bereit einen erneuten Krieg arabischer Parteien gegen Israel vom Zaun zu brechen. Hier hat das „Recht auf Selbstverteidigung nach Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen (UN)“ tatsächlich gegriffen. Mit Israel hat sich dieser sicherheitspolitisch wichtige Abschnitt an der Grenze zu Syrien schrittweise zu einer prosperierenden Region mit erheblichem Wachstumspotential entwickelt und selbst die dort beheimateten Drusen, früher Syrer, bezeichnen sich heute mehrheitlich stolz als Israelis.

Israel hat nach dem türkischen Überfall auf Nord-Syrien mutig und entschlossen den Kurden ihre Sympathie und politische Unterstützung versichert.

Auf den Punkt gebracht hat PM Netanjahu formuliert: „If someone rises up to kill you, kill him first“ (Wenn jemand aufsteht, um dich zu töten, töte ihn zuerst). Für Israel steht viel auf dem Spiel, an seiner Entschlusskraft zur Verteidigung sollte aber niemand Zweifel haben.

Von Gerhard Werner Schlicke

Herr Schlicke ist Autor und Freier Mitarbeiter bei den Israel-Nachrichten, er lebt und arbeitet in Deutschland.

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Von am 21/10/2019. Abgelegt unter Featured. Sie knnen alle Antworten zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0. Kommentare und pings sind derzeit geschlossen.

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