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Die Zeitung: Wie die Alliierten über Nazideutschland berichten.

„Die Zeitung“ aus London schreibt am 20. März 1942: Hitlers Schlappe in Ungarn

In Großbritannien erschien seit Ausbruch des Zweiten Weltkrieges jeden Freitag „Die Zeitung“, ein Exilblatt in deutscher Sprache, um die dort lebenden Emigranten zu informieren, was es Neues aus dem „Reich“ gab. Ein Beitrag sei hier wiedergegeben, der unter dem Titel „Hitlers Schlappe in Ungarn“ auf der Titelseite erschien: Die „Neue Ordnung“ auf dem Balkan und in Südosteuropa befindet sich infolge der neuen militärischen Forderungen Hitlers in einer Krise. Der Herd dieser Krise ist Ungarn. Hintergründe des Kabinettwechsels – Zerfall der Pfeilkreuz-Partei.

Die Zeitung England

Vor zwei Monaten wurde Ribbentrop nach Budapest geschickt, um Ungarn auf Kosten der anderen südeuropäischen Vasallenstaaten eine Vormachtstellung zu verleihen. Es war vorgesehen, die noch nicht voll eingesetzte und intakte ungarische Armee mit der Ablösung der deutschen Besatzungstruppen auf dem Balkan zu betrauen. Kaum war jedoch Ribbentrop wieder in Berlin eingetroffen, als Keitel in Budapest erschien und erklärte, dass Ungarn sich selbstverständlich für die ihm von Deutschland zugebilligte Vormachtstellung zu revanchieren habe. Er forderte weitere 500.000 Mann ungarischer Soldaten für die Frühjahrsoffensive. Nach dem bewährten Muster: „Zuckerbrot und Peitsche“ veranlasste Hitler gleichzeitig Italien, den Ungarn für die Annahme dieser Bedingungen eine Freizone im Hafen von Fiume in Aussicht zu stellen.

Bardossy, der nach dem Selbstmord Telekis auf Grund seiner Nazi-Sympathien mit deutscher Nachhilfe Premierminister geworden war, ging auf die deutschen Forderungen ein. Die Folge jedoch der Ausbruch von Schwierigkeiten im Oberhaus und Unterhaus, die den nazis deutlich bewiesen, dass die ungarische Regierung bei der Mobilisierung weiterer Truppen für die Ostfront mit einem starken Widerstand im Lande zu rechnen habe. Hitler beschloss darauf aufs Ganze zu gehen. Mittels der nazistischen Pfeilkreuz-Partei und der ebenfalls nazifreundlichen Erneuerungspartei Imredys wurde eine Propaganda-Kampagne gestartet, die angesichts des hohen Alters des Reichsverwesers Horthy dessen Rücktritt und die Wahl des nazi-freundlichen Erzherzog Albrecht von Habsburg zu seinem Nachfolger befürwortete. Hitler hoffte mit der Kandidatur Albrechts den politisch höchst einflussreichen Hochadel einzufangen. Hierin verrechnete er sich. Der Hochadel begann zusammen mit dem Landadel eine Gegenaktion, die damit endete, dass Stephan Horthy zum Stellvertreter seines Vaters ernannt wurde.

Die zweite Schlappe: Nach dieser Wahl kam es zu parlamentarischen Spannungen, die zur „Erkrankung“ Bardossys, der Ernennung des neuen Ministerpräsidenten Miklos Kalley und damit zur zweiten Schlappe Hitlers führten. Der neue Ministerpräsident steht den ultrakonservativen Kreisen des Hochadels und der Grossgrundbesitzer nahe. Wer heute seine politischen Hintermänner sind, wird durch die Besuche angedeutet, die der neuernannte Ministerpräsident nach seiner Amtsübernahme dem Primas von Ungarn, Kardinalerzbischof Sevedi, dem früheren Ministerpräsidenten Grafen Bethlen und dem -als nazi-feindlich geltenden- Erzherzog Joseph von Habsburg abstattete. Die neue Regierung bemüht sich offenbar, gegenüber den deutschen Forderungen eine Verschleppungstaktik anzuwenden. Kallay hat zwar erklärt, dass Ungarns Geschicke an der Ostfront entschieden werden, gleichzeitig aber nach seiner Ernennung an Hitler ein Begrüßungstelegramm gerichtet, in dem nur von einem gemeinsamen Befestigungskrieg, nicht aber von einer Beteiligung Ungarns an einer deutschen Frühjahrsoffensive die Rede ist. Der ungarische Kriegsminister von Bartha hat gleichzeitig eine Rede gehalten, in der er erklärte, dass die aan Ungarn gestellten Mobilisationsforderungen unerfüllbar seien. Besonders die deutsche Forderung nach der Aufstellung von Kavalleriedivisionen bedeute eine untragbare Belastung für die ungarische Landwirtschaft. Ähnlich drückte sich der Innenminister aus, der sogar hinzufügte, dass in einigen Landbezirken die „Stimmung am Siedepunkt“ angelangt sei.

Eine weitere Schlagzeile lautet: SS in den Karpathen:
In der Karpatho-Ukraine nahm die Bevölkerung das offensichtliche Schwanken der Regierung als ein Signal auf und verbrüderte sich mit den dort seit langem kämpfenden pro-russischen Guerillabanden. In karpatho-ungarischen Zeitungen wurde erklärt, dass die gegenwärtigen Zwangszustände „schlimmer seien, als in der tschechischen Zeit.“ Nachdem die ersten lokalen Truppen, die eingesetzt wurden, um „Ruhe und Ordnung“ wiederherzustellen, ebenfalls mit den Guerilla-Kämpfern gemeinsame Sache machten und meuterten, sind in den letzten Tagen ungarische Regimenter aus anderen Landesteilen eingesetzt worden, denen auf deutschen Druck hin SS-Kontingente und Gestapooffiziere beigegeben werden. Die Stimmung im Lande hat dazu geführt, dass die nationalsozialistische Pfeilkreuz-Partei zerfallen ist. Die innenpolitische Krise in Ungarn hat Hitler bewogen, seine Südost Politik völlig zu ändern. Von einer Vormachtstellung Ungarns ist in der deutschen Presse keine Rede mehr.

Dagegen werden die grossen Verdienste Rumäniens, der Slowakei und Kroatiens im Abwehrkampf gegen den Bolschewismus gefeiert. Ihre territorialen Forderungen, die sich zum Teil eindeutig gegen Ungarn richten, sind in den letzten Wochen auffällig oft unterstrichen worden. Ferner haben auf deutsche Anregung hin Generalstabsbesprechungen zwischen Rumänien und der Slowakei in Pressburg und zwischen Rumänien und Kroatien in Bukarest stattgefunden. Angesichts dieser Einkreisung hat Ungarn in den letzten Tagen seine politischen Beziehungen zu Bulgarien verstärkt, das zur Zeit ebenfalls mit Rumänien auf äusserst gespanntem Fuße steht. In Berlin erklärte ein Sprecher der Wilhelmstrasse ausländischen Korrespondenten, dass von einer Intensivierung der ungarisch-bulgarischen Beziehungen nichts bekannt sei und dass diese auch gar nicht nötig sei, da jedes Land in dem neuen euroäischen Ordnungssystem seinen gebührenden und unangefochtenen Platz erhalten habe.

Auf Seite zwei ist ein Beitrag in Fettdruck: Das Ghetto in Böhmen

Der Wortlaut der Bekanntmachung über die Verschleppung der Juden des „Protektorats“ nach Theresienstadt ist jetzt bekannt geworden. Er lautet:
„Im Verordnungsblatt des Reichsprotektors vom 28. Februar ist eine Verordnung erschienen, durch die die Zusammenfassung aller Juden des Protektorats in einer einzigen Stadt geregelt wird. Seit einigen Monaten bereits gehen Judentransporte nach dieser Stadt und es ist bisher gelungen, einen gewissen Prozentsatz von Juden von der ortsansässigen arischen Bevölkerung getrennt unterzubringen. Bei weiteren Transporten wäre dies allerdings nicht mehr möglich und so musste man an die Umsiedlung der arischen Bevölkerung schreiten. Wenn es für manchen auch schmerzlich sein mag, sich von seinem gewohnten Aufenthaltsort zu trennen, so muss dieses Opfer im Interesse einer völligen Entjudung gebracht werden. Die Verordnung gewährleistet eine möglichst freie Wahl des künftigen Aufenthaltortes, den Ersatz der sich aus der Umsiedlung etwa ergebenden Schäden und den ordnungsgemässen Verlauf der ganzen Aktion.

Eine geschlossene Ansiedlung der Juden ist schon deshalb unbedingt nötig, weil das freie Zusammenleben von Ariern und Juden, wie schon der Stellvertretende Reichsprotektor in einer Ansprache mit Zeitungsleuten kurz nach seiner Amtsübernahme dargelegt hat, zur Bildung von Zersetzungs- und Unruheherden sowie von Zentren übelster Flüsterpropaganda geführt hatte.“
Das waren nur einige zeitgeschichtliche Dokumente bzw. Ausschnitte aus Deutschlands dunkelster Zeit.
Aber auch im Jahre 2015 müssen die Juden Europas um ihre Sicherheit besorgt sein wie Kopenhagen uns zeigte.

Von Rolf von Ameln

Redaktion Israel-Nachrichten.org

 

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Von am 20/02/2015. Abgelegt unter Spiegel der Zeit. Sie knnen alle Antworten zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0. Kommentare und pings sind derzeit geschlossen.

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