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Pressestimmen anlässlich des Todes von Reinhard Heydrich

Im September 1941 wurde SS-Obergruppenführer Reinhard Heydrich, Chef des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA), genannt „der Henker“, von Hitler nach Prag abkommandiert, um von dort aus als stellvertretender Reichsprotektor im Protektorat Böhmen und Mähren „für Ordnung zu sorgen“, begleitet von folgender Ankündigung: „Ich habe der tschechischen Bevölkerung die Erkenntnis beizubringen, daß sie an den Realitäten ihrer Zugehörigkeit und ihrem Gehorsam gegen das Reich nicht vorübergehen kann.“ Gleichzeitig verhängte er den Ausnahmezustand.

Heydrich betrieb eine Politik von Zuckerbrot und Peitsche. Versuchte er einerseits, die Arbeiter- und Bauernschaft für sich zu gewinnen, schüchterte er andererseits die tschechische Bevölkerung ein. Um jeden Widerstand im Keim zu ersticken, ließ er gleich nach seiner Versetzung in das Protektorat tausende Personen verhaften und hunderte Todesurteile vollstrecken. Zu den Opfern gehörte der erste Chef der Protektoratsregierung, General Elias. Er wurde aufgrund der Übermittlung von Nachrichten an die tschechische Exilregierung in London wegen Hochverrats zum Tode verurteilt und am 19. Juni 1942 hingerichtet.

Die Hauptmeldung: In Prag herrschte am 27. Mai 1942 strahlender Sonnenschein. In der Haarnadelkurve einer Straße im Vorort Liben standen zwei als Zivilisten getarnte junge Unteroffiziere der tschechoslowakischen Exilarmee. In Großbritannien für die Operation „Anthropoid“ trainiert, über der Tschechoslowakei mit dem Fallschirm abgesprungen, warteten sie auf ein dunkelgrünes Mercedes-Cabriolet vom Typ 320B. Als dieses Auto langsam aus der Kurve kam, zieht einer der beiden eine Maschinenpistole, die er in seinem Mantel versteckt hatte, zielte und zog am Abzug. Doch die Waffe blockierte. Daraufhin warf der andere eine Handgranate. Sie detonierte und riss ein Loch in die Außenwand der Karosserie. Der Beifahrer brach sofort zusammen. Der Mercedes war Heydrichs Wagen. Die Attentäter flohen, Heydrich, der sich bereits als des „Führers Wallenstein“ in Prag zu fühlen begonnen hatte, wurde durch Granatsplitter und abgesprengte Teile der Sitzpolsterung schwer verletzt und sofort in ein nahe gelegenes Krankenhaus gebracht.

Goebbels Reaktion: Goebbels tobte: „Ich lasse augenblicklich die Judengeiselliste zusammenstellen und dann umfangreiche Verhaftungen vornehmen. Ich habe keine Lust, mir unter Umständen von einem 22jährigen Ostjuden eine Kugel in den Bauch schießen zu lassen.“ Das Bild, das Goebbels von „Ostjuden“ hatte, fand sich auch in der „Antisowjetausstellung“, in der „solche Typen unter den Attentätern“ zu sehen seien. Er meinte damit die im Berliner Lustgarten vom 8. Mai bis 21. Juni 1942 eingerichtete Ausstellung „Das Sowjetparadies“. Sie propagierte die Berechtigung des Krieges gegen die Sowjetunion in ener 900 Quadratmeter großen Zeltstadt und zeigte Beutewaffen des „Ostfeldzuges“, Fotos zerlumpter Elendsgestalten, ferner ein Kolchos-Haus und die obligate „Todeszelle der GPU“. Am Ausgang stand die Figur eines deutschen Infanteristen als Verteidiger der abendländischen Kultur gegen die bolschewistischen Barbaren.“

Revanche befohlen: Nach einem Brandanschlag einer jüdischen Widerstandsgruppe am 18. Mai 1942 auf die Ausstellung, der fast zeitgleich mit dem Attentat auf Heydrich stattfand, ließ er Propagandaminister in einer „Revanche-Aktion“ 500 Juden verhaften, von denen die Hälfte sofort erschossen wurde. Seinem Tagebuch vertrauter er hierzu an: „Zehn Juden im Konzentrationslager oder unter der Erde sind mir lieber als einer in Freiheit. Man muß da ganz unsentimental vorgehen.“ Zur Raktion Hitlers auf die „alarmierende Nachricht aus Prag“ hält er fest: „Der Führer setzt auf die Ergreifung der Täter eine Belohnung von 10 Millionen Kronen aus. Sehr harte Maßnahmen werden nicht nur angedroht, sondern gleich durchgeführt. Die Polizeistunde mit Ausgehverbot wird für das ganze Protektorat auf 9 Uhr abends bis morgens 6 Uhr festgesetzt. Theater, Kinos und Gaststätten werden geschlossen.“

Die Hintergründe des Attentats seien zwar „im Augenblick noch nicht klar“, doch sei es bezeichnend, dass „von London aus die Meldung von dem Attentat schon sehr bald gegeben werden kann.“ Daher müsse man sich „klar darüber sein“, so Goebbels Konklusion, dass „ein solches Attentat Schule machen würde, wenn wir nicht mit brutalsten Mitteln dagegen vorgehen würden.“ In der Tat reagierte das Nazi-Regime, wie er es sich vorgestellt hatte. So konnte er am 30. Mai notieren: „Heydrich wird durch Daluege (Kurt Daluege, Chef der Ordnungspolizei. Anm.d.Verf.) vertreten. Er hat eine ganze Reihe von Todesurteilen vollstrecken lassen und tausende tschechische Intellektuelle als Geiseln verhaftet.“ Die „ganze Reihe“ umfasste 1.331 Tschechen. Sie wurden sofort hingerichtet. Darunter befanden sich auch 201 Frauen..! Heydrich starb am 4. Juni 1942 nicht an seinen Verletzungen, sondern an einer Sepsis; – doch die Nazis schlachteten seinen Tod pressemäßig aus.

So berichtete die „Potsdamer Tageszeitung“. Unter der Überschrift „Ein Kämpferleben ging zu Ende“, erinnerte es seine Leserschaft zunächst daran, dass „unbekannte Täter“ am 27. Mai ein Attentat auf Heydrich verübt hatten. Von irgendwelchen Hintermännern oder englischen Agenten keine Rede. Nach anfänglich normal erscheinenden Krankheitsverlauf habe erst eine Infektion zu seinem Ableben geführt. Man schreibt „von einem großen Verlust.“ Erst der Nachsatz entspricht einem soldatischen Heldenlied, Heydrich wird überhöht: „Im Kampf für die Größe des Reichs ist Heydrich gefallen.“ Das „Hamburger Fremdenblatt“ berichtete im fast gleichen Wortlaut. Ganz anders agierte das Londoner Exilblatt „Die Zeitung“. Am 12. März 1941 gegründet, war sie eine „Zeitung von Deutschen für Deutsche“, „etwas, das man sich kaum mehr vorstellen kann“, so ihr berechtigtes Selbstbild, „eine freie, unabhängige deutsche Tageszeitung, die einzige, die es heute in Europa gibt“.

Die Zeitung zum Tod von Reinhard Heydrich

In ihrer Ausgabe vom 12. Juni führte „Die Zeitung“ den Tod Heydrichs auf eine „Erschießung“ zurück, auf einen „Akt der Volksjustiz“. Als geistige Antipode zur Nazi-Propaganda frohlockte sie und teilte diese Freude mit zehntausenden ihrer Leser in Übersee und auch in Nazi-Deutschland, letzteres mithilfe der Royal Air Force erreicht, die Dünndruckausgaben über Deutschland abwarf: Durch den Tode Heydrichs sei das schon weit gediehene Vorhaben geplatzt, in Prag gemeinsam mit tschechischen Quislingen, also Kollaborateuren, eine Scheinautonomie zu errichten und danach mithilfe einer Volksabstimmung eine „freiwillige Anschlusserklärung an das Dritte Reich“ zu erreichen; – ähnlich wie im Jahre 1938 in Österreich.

Von Rolf von Ameln

Redaktion Israel-Nachrichten.org

 

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Von am 22/05/2015. Abgelegt unter Spiegel der Zeit. Sie knnen alle Antworten zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0. Kommentare und pings sind derzeit geschlossen.

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