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Die rote Masche: Ein Shoabuch für Kinder & Erwachsene

Rezension

Das Erzählen eines Kindes, das im Ghetto Theresienstadt die Kälte und die Not spürt, doch auch die Liebe der Eltern und der Tanten mit denen sie als kleines Mädchen zusammen in das Konzentrationslager deportiert wird. Das Kind ist klein, bekommt Vieles mit, auch, dass die Eltern fast verhungern. Ihr, der Kleinen, wird das irgendwo ergatterte Stückchen Brot, eigentlich der Bissen, zugesteckt. Ein wenig schämt sich das Kind wegen des knurrenden Magens“ ein wilder, knurrender Hund“ ist er geworden. Sie ist zu klein, um zu wissen, doch groß genug, um zu spüren. Was bedeutet Krieg, wovon die Erwachsenen sprechen? Was ist ein Ghetto? Was ist im Osten?

tetzner BuchBereits König Pharao hat die Juden verfolgt, erfährt das Kind; Hitler, der Nazi, ist nicht der erste. Heimlich und flüsternd wird Pessach gefeiert, die Nazis mögen das nicht. Am Sederabend wird das Kind schön gemacht, der Afikom gesucht und überglücklich gefunden. Ganz nach Art und Weise der jüdischen Kultur und ganz so, wie zu Hause. Auch ein Geschenk, wie es Sitte ist und dazugehört, liegt auf dem Tisch, eingepackt und mit der roten Masche zugebunden. Der Maximus, das kleine Maxerl, das kleine hölzerne Männlein, passt in die Manteltasche und wird der Liebling des Kindes, beschützt es und wird zum treuen Begleiter und Freund. Die Mutter bindet liebevoll die rote Masche ins Haar zum Ende des Seders.

Über Theresienstadt erfährt das Kind und schließlich auch über den Krieg. Die Eltern und der große Bruder, den das kleine Mädchen über alles liebt, müssen Schwerstarbeit leisten. Ihre kindliche Seele ist einsam, doch Maximus begleitet sie ja. Der abendliche Besuch des Bruders erfreut das Kind besonders. Der große Hunger, das rare Essen ist ihrer aller „täglich Brot“. Der Zauberer Maximus und die Fantasie des Kindes lässt das heiße Wasser zur Köstlichkeit, zur feinsten Kartoffelsuppe, werden. Das Jucken der wollenen Strümpfe ist furchtbar, doch der Hunger ärger. Vom Jucken und Beißen der Fliegen, der Läuse und vom Schmutz erzählt sie. Kieselsteine lutscht das Kind, verdrängt den Hunger nur kurz, er plagt doch ungemein. Die verschüttete Suppe und der Kampf mit dem vermeintlichen Drachen, einem großen schwarzen Leichenwagen, werden dem Kind zum nächtlichen Alb.

Der Ausflug mit Maximus in den Garten hinter der Mauer des Konzentrationslagers ist ein paradiesischer.

Das Kind beobachtet, dass Menschen ins Ghetto kommen, andere abgeholt, weiter in den Osten deportiert werden, viele gar verschwinden. Wann sind sie an der Reihe? Typhus, die tödliche Krankheit bricht aus und Menschen sterben wie Fliegen. Der Tag der Deportation in den Osten ist gekommen. Tränen laufen dem Kind über das Gesicht im vollgestopften Zug in die kaum zu beschreibende grausame Zukunft.

Ein stilles Buch, ein trauriges Buch, doch auch voller Liebe, hat Annika Tetzner in Erinnerung an ihre Kindertage im KZ Theresienstadt für uns, unsere Kinder und Enkelkinder geschrieben.

Batya Horn, die Verlegerin der edition splitter, des kleinen, sehr feinen Wiener Verlags mit einer dazugehörigen Galerie, hat sich dieser Geschichte angenommen und als Buch in ihrem Verlag herausgegeben. Wie alle Bücher der edition splitter wien ist auch dieses Buch im feinsten Druckverfahren hergestellt, ansprechend und ästhetisch. Annika Tetzner, die Protagonistin des Buches, ist die einzige Überlebende ihrer Prager Familie, die 1942 nach Theresienstadt deportiert wurde, überlebte Auschwitz-Birkenau und Mauthausen. Vom Leben im KZ und nach der „Befreiung“ psychisch gebrochen, wohnt die heute fünfundsiebzigjährige in einer zauberhaften kleinen Straße inmitten von Jerusalem, die Zimmer geschmückt mit Erinnerungen und umgeben von ihrer Kunst. Ihre Kindergedanken hat sie in englischer Sprache aufgeschrieben. Die Verlegerin ließ ihren Text von Gabriella Attems ins Deutsche übersetzen, der österreichische Terminus wurde vom Lektorat des Verlags gewählt. Nun, die edition splitter darf das, ist ja ein Wiener Verlag. Annika Tetzner, die Verfasserin ihrer kindlichen Texte, ist eine hervorragende Künstlerin geworden und illustrierte ihre Texte im Buch mit sehr ruhigen, einfach gestalteten, sehr informativen kindgerechten Kreidezeichnungen. Die Jüdische Gemeinde in Teplice/Teplitz in Nordböhmen an der Tschechisch-Deutschen Grenze hat von Annika Gemälde in seine Sammlung aufgenommen und bereits Ausstellungen mit ihren eindrucksvollen künstlerischen Werken gezeigt.

Jerusalem/Berlin
Mai 2015

Von Christel Wollmann-Fiedler

für Redaktion Israel-Nachrichten.org

Frau Wollmann-Fiedler ist Fotografin-, Autorin- und Journalistin und lebt in Berlin.

 

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Von am 26/05/2015. Abgelegt unter Bücher,Europa,Rezensionen. Sie knnen alle Antworten zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0. Kommentare und pings sind derzeit geschlossen.

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