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Luxemburg: Historischer Volkstrauertag in Sandweiler

Erstmals ergriff mit Rabbiner Alexander Grodensky aus Esch ein Rabbiner das Wort zum Volkstrauertag auf dem deutschen Soldatenfriedhof in Sandweiler.

Rabbiner Grodinsky bei seiner Rede auf deutschem Soldatenfriedhof in Luxemburg. Foto: B. Bost

Historisches erlebten die Besucher des deutschen Volkstrauertages am 17. November in Sandweiler auf dem deutschen Soldatenfriedhof. Nach den Reden von Botschafter Heinrich Kreft und einer Predigt von Pfarrer Mertin aus der deutschsprachigen evangelischen Gemeinde und der Verlesung des Gedenkens durch den Vertreter des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge, Manfred Koch, ergriff Rabbiner Alexander Grodensky aus Esch/Alzette das Wort und erklärte warum er als Rabbiner mit deutscher Staatsangehörigkeit auf einem Friedhof der Täter von den jüdischen Opfern sprechen könne. Auch in Hitlers Wehrmacht habe es noch Halb- oder Vierteljuden gegeben.

Der amerikanische Historiker Bryan Mark Rigg hat in seinem Buch „Hitlers jüdische Soldaten” erstaunliche Geschichten von Halb- und Vierteljuden in der Wehrmacht erzählt. Er beschreibt die Leidenschaft dieser Soldaten, an der Front zu dienen; besonders eifrig sogar. In der Hoffnung, damit ihre jüdischen Familien zu retten und unwissend, dass sie kein Schutz für ihre Familien und oft auch nicht für sich selber waren. Denn die Nazis hatten den Plan, sie nach dem „Endsieg” zu ermorden. Ob solche auch in Sandweiler bestattet sind, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden. Alexander Grodensky erinnerte an die vielen Deutschen jüdischen Glaubens, die im 1. Weltkrieg gefallen sind. Juden kämpften auf allen Seiten im Ersten Weltkrieg und die begeistertsten Patrioten waren die deutschen Juden. Es gab im deutschen Kaiserreich fast 500.000 Juden insgesamt, 110.000 davon waren Soldaten, 12.000 sind gefallen, 40.000 wurden schwer verwundet und versehrt. Die Juden kämpften in der Armee des Kaisers nicht nur für den Kaiser, sondern auch für ihre Emanzipation nach dem Krieg. All dies hätte jedoch für Hitler keine Rolle mehr gespielt, selbst die Veteranen des 1. Weltkrieges wurden verfolgt und vernichtet, den jüdischen Soldatenwitwen ihre Renten gestrichen. Oftmals wurden sogar die jüdischen Namen aus den Gedenkstätten der gefallenen Soldaten des 1.Weltkrieges nachträglich ausgemeißelt.

Haftungsgemeinschaft

Kann aber ein Jude über deutsche Gefallene und Opfer des Zweiten Weltkrieges trauern, fragte Rabbiner Grodensky. Während im Ersten Weltkrieg die Juden an allen Fronten gekämpft haben, auch gegeneinander, konnten sie im Zweiten Weltkrieg nur auf einer Seite sein. 1995 hielt der deutsche Jude, Professor Michael Wolffsohn, die Rede zum Volkstrauertag im Bundestag in Berlin. Und er sagte: „Ja, wir Juden können mit den Deutschen trauern.“ Der Volkstrauertag sei ein Symbol der Haftungsgemeinschaft. Juden sowie auch andere Zuwanderer nach Deutschland, die mit der Nazivergangenheit nichts zu tun haben, aber die heute Deutsche sein wollen, müssen sich an der deutschen Verantwortung beteiligen, obwohl sie daran keinen Anteil und auch Verantwortung dafür tragen. Um das ganz klar zu machen, sagte Wolffsohn, dass Juden die in Deutschland leben und so wie alle Bürger Steuern bezahlen, sich damit an den Wiedergutmachungszahlen an die jüdischen Opfer und anderen Opfer des Zweiten Weltkriegs beteiligen.

Foto: B. Bost

Außerdem, so Rabbiner Grodensky, muss man fragen, wie viele Deutsche gefallen sind, die unschuldig waren, nicht nur im Ersten Weltkrieg, auch im Zweiten Weltkrieg. Es gab auch viele Deutsche, die Opfer der Nazis waren; nicht nur Widerstandskämpfer. Es gab unschuldige Leute; Leute die gekämpft haben, aber keine Wahl hatten. Am Volkstrauertag trauert man in Deutschland um die Toten aller Völker, die unter beiden Weltkriegen gelitten haben. Man trauert auch um die Opfer des Terrorismus, der politischen Verfolgung, der Kriege und Bürgerkriege unserer Tage. Mit dieser Trauer könne auch er als Jude auch auf einem Friedhof der Täter sich anfreunden und identifizieren, so Rabbiner Grodensky. Auch die Hoffnung auf Versöhnung unter den Menschen und Völkern und auf Frieden in der Welt, die auf den Gräbern der Soldaten zum Ausdruck kommt, ist eine zutiefst jüdische Hoffnung die alle Völker und Religionen verbindet. Tatsächlich sei gerade Deutschland mit der Zeit in Sachen Erinnerung und Gewissenserforschung vorbildlich geworden, weltweit vorbildlich. Deutschland habe seine Lektion gelernt, so Alexsander Grodensky.

Zwischen der luxemburgischen Regierung und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland wurde durch Notenaustausch vom 23.Juni bzw. 3. Juli 1952 die Anlage und Pflege des deutschen Soldatenfriedhofs vertraglich geregelt. Die Vorarbeit zu diesem Abkommen hatte der Attaché an der deutschen Botschaft in Luxemburg, Otto Rienermann (1911-1970), ein großer Freund Luxemburgs der selbst in Luxemburg geboren worden war, geleistet. Es war das erste Kriegsgräberabkommen Deutschlands mit einem Nachbarland überhaupt. Am 5. Juni 1955 wurde die Kriegsgräber Gedenkstätte in Sandweiler als erster deutscher Soldatenfriedhof des 2. Weltkrieges der Öffentlichkeit übergeben. Rund 10 900 deutsche Kriegstote haben in Sandweiler ihre letzte Ruhestätte erhalten, etwa 800 davon konnten nicht identifiziert werden. Die sehr würdevolle Feier in Sandweiler wurde von dem Trompeter Edmund Faber musikalisch umrahmt. Luxemburgische Soldaten und deutsche Marinesoldaten der Marineschule in Plön/Schleswig Holstein, die die Patenschaft über den Friedhof hat, standen Spalier.

Von Bodo Bost

Bodo Bost ist Journalist und freier Mitarbeiter der Israel-Nachrichten. Er berichtet über aktuelle Themen über Judentum und Israel in Europa, er lebt und arbeitet in Luxemburg.

 

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Von am 20/11/2019. Abgelegt unter Europa. Sie knnen alle Antworten zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0. Kommentare und pings sind derzeit geschlossen.

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