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Pappa ante portas und die koschere Küche des Vatikans

Jorge Mario Bergoglio, besser bekannt als Papst Franziskus zelebriert bisher einen für Päpste der Mater Ecclisiae ungewöhnlichen Lebensstil.

Seit seiner Wahl im vergangenen Frühjahr verschmäht er die prunkvollen Privatgemächer im apostolischen Palast und wohnt stattdessen lieber im Gästehaus des Vatikan, Sta Marta, um, wie er sagt: „Näher bei den Menschen“ zu sein.
 
Papst Franziskus uns Präsident Peres

Papst Franziskus und Präsident Peres

Der Weg von dort zu seinen Amtsräumen führt ihn entweder durch die vatikanischen Gärten in die Sixtinische Kapelle oder direkt in die Sakristei oder auch über den deutschen Friedhof zum linken Nebeneingang des Petersdomes.
 
Er wird den Weg in den vergangenen Monaten einige Male zurückgelegt haben. Und damit seine Bodyguards jedes Mal zur Verzweiflung gebracht haben. Wenn er schon nicht eine der Limousinen aus dem vatikanischen Fuhrpark für seine, meist kurzen Fußwege wählt, werden sie sich denken, warum denn dann nicht zumindest sein neuestes Spielzeug, einen kleinen, alten R4?
 
Der Papst, der im Mai seinen ersten Besuch im Nahen Osten absolvieren wird, bereitet sich in seinem Domizil in Rom bereits auf diese Reise vor. Beraten und begleitet wird er dabei von seinem langjährigen Freund und Wegbegleiter, Rabbiner Abraham Skorka aus Argentinien.
 
Franziskus reiht sich mit diesem Besuch in die Reihe der neuzeitlichen Papstbesuche in Israel ein.
 
Papst Paul VI besuchte als erster Papst im Januar 1964 Israel.
 
Papst Paul VI 1963 - 1978

Papst Paul VI 1963 – 1978

 
Das vatikanische Protokoll hat also gerade einmal vier Wochen Zeit, die Reise vorzubereiten. Sie gelingt: In dichtem Nebel landet die päpstliche Maschine am 4. Januar 1964 in Amman. Mit dem Auto wird der Papst weiter zum Jordan gefahren und nach Jerusalem. Nur als Papst kann er damals die jordanisch-israelische Grenze überschreiten, eigens für Paul VI. wird sie geöffnet. Es ist eine chaotische Reise, Sicherheitsberater würden sie heute so nicht mehr genehmigen. (….) Erst nach 20 Minuten hatten jordanische Soldaten dem Papst den Weg freigemacht, wobei sie mit Gewehrkolben und Palmenzweigen, die sie den Pilgern entrissen, auf die Menge einschlagen mussten (…)
 
Und es kommt zu einer weiteren Sicherheitspanne. Bei einer Messe in der Jerusalemer Grabeskirche schmort ein Fernsehkabel durch. „Der Papst war in dichte Rauchschwaden gehüllt. Nur seine Stimme war noch zu hören“, meldet ein Reporter.
 
Sein Nachfolger, Johannes Paul I schafft es aufgrund seiner kurzen, nur 33-tägigen Amtszeit nicht, irgendwelche Reisen zu machen. Die Gerüchte rund um seinen Tod sind bis heute nicht ganz verstummt. Seine Beliebtheit und sein unverkrampfter Umgang mit den Menschen standen in krassem Gegensatz zum strengen Ernst seines Vorgängers. Er war es, der in den kurzen Tagen seines Pontifikats bereits mit seiner Amtseinführung radikale Neuerungen schuf: Er verzichtete auf zwei Zeichen päpstlicher Macht, auf die Tiara und die Gestatoria! Dass er dem vatikanischen Klerus unheimlich war, belegt dieses Zitat: „Als Johannes Paul I. dann nach nur 33 Tagen im Amt starb, atmeten einige Monsignori auf. „Der Heilige Geist hat uns da einen guten Dienst erwiesen“, ließ sich ein Geistlicher vernehmen, „indem er uns von Luciani befreite, bevor er zu großen Schaden anrichtete.“
 
Dafür war Johannes Paul II der wohl reiselustigste Papst bis anhin. Wahrscheinlich hat kein Pontifex maximus vor ihm so problemlos die höchste Stufe der Meilensammler, den HON Circle erreicht, er hat Johnny Walker, Johannes XXIII locker übertroffen, der wohl zahlreiche Reisen plante, aber keine unternahm. Sein Bewegungsradius blieb auf Rom beschränkt.
 
Auch das Pontifikat von Johannes Paul II zeichnete sich durch zahlreiche, teils radikale Änderungen aus: 1992 wurde Galileo Galilei rehabilitiert, die Erde durfte endlich rund sein! 1986 besuchte er als erster Papst eine Synagoge, 1993 nahmen der Vatikan und Israel ihre diplomatischen Beziehungen auf. Verschlossen blieb er aber den dringlichen Themen der Neuzeit gegenüber, Geburtenregelung und Homosexualität.
 
Im Jahr 2000 besuchte er den Nahen Osten. Jordanien, Israel und die Palästinensergebiete. Als erster Papst betete er an der Klagemauer. Der damals bereits von Parkinson gezeichnet Papst verlas dort eine Erklärung: „Wir sind bestürzt über das Verhalten derjenigen, die im Lauf der Geschichte den Kindern des jüdischen Volkes Leid zugefügt haben.“ Zu einer Entschuldigung bei den Juden konnte er sich aber nicht durchringen.
 
Sein Nachfolger, von der Bild Zeitung frenetisch mit „Wir sind Papst“ begrüßt, Benedikt XVI, von vielen als ehemaliger Chef der Nachfolgeorganisation der Inquisition, der Kongregation für Glaubenslehre, gefürchtet, blieb in seinem Pontifikat eher blass.
 
2009 reiste auch er nach Israel und schaffte es nicht, die an diesen Besuch gekoppelten Hoffnungen zu erfüllen. Gerade er, der deutsche Papst, der die Zeit der Shoa in Deutschland erlebt hatte, der für kurze Zeit Flakhelfer gewesen war, hätte persönlichere Worte finden können und müssen.
 
Seine Bemühungen um den jüdisch-christlichen Dialog demonstrierte er lieber in seiner Heimat, wo er 2005 die Kölner Synagoge besuchte und der Kölner Opfer der Shoa gedachte.
 
Sein Verhältnis zu den Juden blieb, trotz anderslautender Lippenbekenntnisse eher unterkühlt. So nahm er die Exkommunikation des überzeugten Holocaustleugners Richard Williamson und anderer Angehörigen der Piusbruderschaft zurück, wenngleich sie nicht mehr ihre höheren Ämter innerhalb der Kirche ausüben durften.
 
Für besonders intensive Diskussionen sorgte die Wiedereinführung der uralten Karfreitagsfürbitte, die nun, 40 Jahre, nachdem sie abgeschafft wurde, mit folgendem Text wieder in den Kanon der Karfreitagsliturgie aufgenommen wurde:
 
„„Lasst uns auch beten für die Juden, auf dass Gott, unser Herr, ihre Herzen erleuchte, damit sie Jesus Christus erkennen, den Retter aller Menschen. Allmächtiger ewiger Gott, Du willst, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen. Gewähre gnädig, dass beim Eintritt der Fülle aller Völker in Deine Kirche ganz Israel gerettet wird. Durch Christus, unseren Herrn. Amen.“
 
Ein schwerer Rückschlag für die noch sehr zarten Annäherungsversuche zwischen Juden und Christen. Er hat nicht in Betracht gezogen, dass wir so gar nicht gerettet werden wollen, dass die Wiedereinführung dieser Fürbitte uns zu, in seinen Augen dummen Ignoranten abstempelt.
 
Franziskus wird auch nur wenige Stunden in Israel verbringen, noch ist das Programm nicht endgültig beschlossen. Fest scheint aber zu stehen, dass es zwei große Messen geben wird, eine in Bethlehem und eine in Jerusalem. Die Erwartungen sind gedämpft, nicht zuletzt deshalb, weil der Besuch des letzten Papstes so enttäuschend war.
 
Franziskus hat sich, zumindest was die koschere Küche anbelangt, daheim schon gut auf seine Reise vorbereitet. Von seinem Freund und Mitplaner der Israelreise, Rabbiner Abraham Skorka, erhielt er schon vor einiger Zeit eine Kipa, die zwar dem Pileolus der katholischen Priester optisch ähnelt, aber ganz andere Wurzeln hat.
 
Wann immer dieser bisher seinen päpstlichen Freund in Sta Marta besucht hat, musste er mit den kulinarischen Möglichkeiten von koscheren Caterern vorlieb nehmen. Vielleicht sogar mit dem obligatorischen Plastikgeschirr und –besteck. Nun, unter Freunden ist das ok, da sind andere Dinge wichtiger.
 
Am 16. Januar aber waren einige argentinische Rabbiner zu Gast. Und für die wurde die gesamte Küche, mit allem Geschirr, Besteck, Gläsern, Pfannen, Töpfen, Steamern, Backöfen und Herdplatten „koscher gemacht“.
 
Wer unter meinen Lesern weiß, wie aufwändig es ist, einen ganz normalen Haushalt „koscher le Pesach“ zu machen, also den Vorschriften entsprechend für die eine Woche des Pessach Festes vorzubereiten, der weiß, von was ich rede! (Hier ein kleiner Tipp für alle, die es betrifft! Krümel entfernen ist ok, aber Staub hinter dem antiken Heizkörper an der Wand, den lasst bitte, wo er ist! Pessach Putz ist kein Frühjahrsputz, den hebt euch für einen anderen Zeitpunkt auf, wenn es nicht so stressig ist!)
 
Wir funktioniert das „koscher machen“? Jeder, aber auch wirklich jeder einzelne Gegenstand muss quasi sterilisiert werden. Dazu gehört natürlich auch, dass Backöfen eine bestimmte Zeit auf höchster Temperatur laufen, also das Programm der pyrolitschen Reinigung durchlaufen. In den Kühlschränken und Tiefkühlern darf nichts Fleischiges neben Milchigem liegen. Sollten sich in den Vorratsräumen nicht koschere Lebensmittel befinden, so müssen sie sorgfältig von den koscheren getrennt werden.
 
Um die Köche von Sta Marta nicht hoffnungslos zu überfordern, assistierte der Küchenchef des bekannten Restaurants BaGhetto bei den Vorbereitungen und beim Kochen.
 
Die Rabbiner wollten einfach nur ihren alten Freund Jorge Mario besuchen. Wie ernst dieser ihren Besuch nahm, lässt Hoffnung aufkommen. Hoffnung darauf, dass dieser Papst wirklich den Weg zu uns Juden sucht.
 
Auch wenn er nur für einen knappen Tag zu uns kommt!
 
Von Esther Scheiner
 
Redaktion Israel-Nachrichten.org
 
 

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Von am 24/01/2014. Abgelegt unter Israel. Sie knnen alle Antworten zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0. Kommentare und pings sind derzeit geschlossen.

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