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Die Funktion der Gestapo im Dritten Reich bis 1938: Ein Inbegriff des Terrors

Die Gestapo stand neben der SS als Synonym für die Gewaltherrschaft des Hitler-Regimes. Zu ihren aufgaben gehörte die Verfolgung Linker und „rassischer Feinde..!“ Wie keine andere Institution des Nazi-Reiches war und ist sie von Mythen umrankt: Vielen galt sie als allwissend und allmächtig und bis in die heutigen Tage ist der sadistische und brutale Gestapo-Beamte im schwarzen Ledermantel ein gerne bedientes Klischee in Filmen, die aus Hollywood kamen.

Foto: Archiv

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Dabei bildeten Berufspolizisten, die bereits in der Weimarer Republik bei der Polizei ihren Dienst versahen, den Kern des Personals der Gestapo. viele dieser Beamten stammten aus der politischen Polizei, der direkten Vorläuferinstitution der Geheimen Staatspolizei im Reiche Hitlers. Sie wurden übernommen, weil ihr Wissen und Können gefragt waren. Vor allem so genannte Experten, die bereits vor dem Jahre 1933 die KPD überwacht hatten, standen bei den neuen Machthabern hoch im Kurs. Nur mit ihren Informationen konnte man die politische Linke zerschlagen – und dies war das erste Ziel der Regierung Hitlers.

Offiziell wurde die Gestapo dann am 26. April 1933 gegründet. Ihren ersten Sitz hatte die Geheime Staatspolizei im Karl-Liebknecht-Haus, der früheren Zentrale der KPD. Dies war in doppelter Hinsicht bezeichnend. Zum einen zeigte es die frühe Hauptzielrichtung: die Bekämpfung der politischen Linken. Zum anderen symbolisierte die räumliche Herauslösung aus der Verwaltung den Sonderstatus der Gestapo. Sie sollte keine gewöhnliche Behörde mehr sein, so sehr sie bei ihrer Gründung noch ein Eigengewächs der deutschen Polizei war. Die Gestapo wurde recht schnell zu einer Sonderbehörde, die nahezu ohne rechtliche Beschränkungen agieren konnte.

In der turbulenten Frühphase des „Dritten Reiches“ übernahm Heinrich Himmler von Bayern ausgehend nach und nach die verschiedenen Staatspolizeien der Länder – das deutsche Polizeisystem war bis 1933 traditionell föderal organisiert. Im Frühjahr 1934 wurde er Inspekteur der preußischen Geheimen Staatspolizei. Mit ihm kam Reinhard Heydrich als ihr eigentlicher Leiter nach Berlin. Bis zu Jahre 1936 hatten Himmler und Heydrich die gesamte deutsche Polizei unter ihren Einfluss gebracht. Zu Beginn der Nazi-Herrschaft ging ein großer Teil der unkontrollierten Gewalt nicht von der Gestapo, sondern vor allem von der SA aus. In den früh eingerichteten Konzentrationslagern quälten diese vornehmlich Kommunisten, Sozialdemokraten und Gewerkschaftsfunktionäre; – viele wurden schikaniert, gefoltert oder umgebracht.

Insgesamt wurden in dieser Phase der „politischen Säuberung“ 60.000 kommunistische und sozialdemokratische Aktivisten verhaftet, 2.000 verloren dabei ihr Leben. Die neuen Machthaber benutzten die ersten Wochen ihrer Herrschaft, um öffentlichkeitswirksam alte Rechnungen zu begleichen. Großrazzien und Schaufahrten wurden für das neugierige deutsche Publikum inszeniert. In Rundfunkreportagen und Zeitungsartikeln wurde darüber berichtet, wie nun „aufgeräumt“ wurde. Alsbald wurde der Terror jedoch Zug um Zug systematisiert, hiermit verknöpft war der Aufstieg der Gestapo. Anders als die Schläger der SA waren die Gestapo-Beamten professioneller, überlegter und bald auch: gründlicher!

Die Verfolgung verlor den Charakter eines Rachefeldzugs. Bis zum Herbst 1933 waren die meisten kommunistischen Funktionäre verhaftet, sofern sie nicht untertauchten oder ins Ausland fliehen konnten. Die Gestapo-Mitarbeiter verfügten über eine Vielzahl von Werkzeugen, wovon das wichtigste die Verhängung der so genannten „Schutzhaft“ war, die in Konzentrationslagern vollstreckt wurde. Ebenso berüchtigt waren die Vorladungen zum jeweiligen regionalen Gestapo-Hauptquartier. Dort hatte der ermittelnde Beamte dann alle Freiheiten. Vom Vermerk in die berüchtigte Gestapo-Kartei bis zur Folter reichte das Repertoire – Bürokratie und Terror waren zwei Seiten einer Medaille. Im Laufe der Nazi-Herrschaft änderte sich die Gestalt der Gestapo mehrfach.

Das Personal wurde aufgestockt, neue Mitarbeitertypen wurden aufgenommen, Organisationstrukturen verändert, Verfolgungsziele neu definiert. All das war nicht Ausdruck einer ungenügenden Planung, sondern eine bewusste Entscheidung. Der permanente Wandlungs- und Anpassungsprozess wurde zum Charaktermerkmal. Anders ausgedrückt: Die Gestapo von 1933 war eine andere als diejenige von 1936, 1939, 1942 oder 1945. In der ersten Phase von 1933/34 bis 1936 baute die Gestapo ihre Machtposition aus. Hiermit verbunden war ein enormes personelles Wachstum. Von 1933 bis Juni 1935 steigerte alleine die preußische Gestapo ihren Mitarbeiterstand von 1.000 auf 2.500 – in anderen Gauen verlief die Entwicklung ähnlich.

Dennoch wird immer noch häufig konstatiert, dass die Gestapo personell nur schwach besetzt war, im Vergleich zur Zahl der Einwohner des Deutschen Reichs. War die Verfolgungsdichte also gar nicht so hoch? Absolut betrachtet sicherlich nicht, aber es galt zu bedenken, dass nur ein Teil der deutschen Bevölkerung unter den Maßnahmen der Gestapo zu leiden hatte. Die Mehrheit blieb nahezu unbehelligt. Auch wurden die erklärten Gegner des Regimes nicht alle zur gleichen Zeit verfolgt. Die Gestapo kannte über Jahre verteilt regelrechte Arbeitsschwerpunkte. In den ersten vier Jahren galt der politischen Arbeiterbewegung das Hauptaugenmerk. Wann immer sie von einer illegalen Handlung erfuhr, operierte die Gestapo in großem Stil.

Unterstütz wurde sie dabei von einer Vielzahl an Helfern, etwa aus den Reihen der normalen Polizei. Ohne diese Unterstützung wäre der Ermittlungserfolg der Gestapo nicht möglich gewesen. Jedes bekannte Mitglied von KPD oder SPD wurde nach einer Flugblattaktion dank dieser Helfer unter die Lupe genommen. Großangelegte Razzien waren keine Seltenheit. Im Schneeballprinzip zog eine Verhaftung weitere nach sich, ganze Untergrundstrukturen flogen so auf. Der größte Schlag gelang der Berliner Gestapo, die am 27. März 1935 die gesamte illegale Führung der KPD in der Reichshauptstadt verhaftete. Eine Schlüsselrolle kam den Verhören bzw. den Geständnis-Erpressungen zu, bei denen zum Teil brutalste Mittel angewandt wurden.

Die Suggestion, von den Genossen, Freunden oder Brüdern verraten worden zu sein, beschleunigte einen Prozess der Entsolidarisierung, an dessen Ende weitere „Geständnisse“ standen. Vor der Gestapo zu kapitulieren war indessen keine Schande und sollte auch in heutigen Tagen nicht als „Verrat“ bezeichnet werden. Dennoch kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass V-Leute, sprich: zivile Maulwürfe der Gestapo, im linken Widerstand beträchtlichen Schaden anrichten konnten und auch anrichteten. Waren die Betroffenen einmal in Schutzhaft genommen, wurden sie meist wegen „Verschwörung und Vorbereitung zum Hochverrat“ angeklagt und wahlweise zu langjähriger Zuchthausstrafe, KZ-Haft oder beidem verurteilt.

Mitte der 1939er-Jahre ging die Gestapo dazu über, Präventivmaßnahmen gegen vermeintliche Kommunisten durchzuführen. Im April 1937 waren die Konzentrationslager erstmals überfüllt. Die Gestapo hatte nur ruhe und Gelegenheit, ihre Verfolgungen neu zu überdenken und ihren Terror gegen die „rassischen Feinde“ zu richten. Die nächste Phase der Entwicklung der Gestapo begann. Die Aktionen gegen Juden, Sinti und Roma, aber auch gegen „Arbeitsscheue“ und „Berufsverbrecher“ wurden nun ausgeweitet. Die Gestapo wollte jede abweichende Lebens- und Verhaltensform aus dem vermeintlichen „deutschen Volkskörper“ entfernen.

Biologistische Begriffe hatten Konjunktur, Ideologen wie Werner Best sahen die Gestapo als „Arzt am deutschen Volkskörper“, der präventiv und ohne Einschränkungen handeln dürfe. Widerstand gegen diese Hybris gab es kaum. Die Mehrheit der deutschen Bevölkerung fand sich mit dieser Gestapo ab, tolerierte ihr Tun, solange sich die Repressionsmaßnahmen gegen die machtlosen und von vielen ungeliebten Teile der deutschen Gesellschaft richteten: Juden, Kommunisten, Zigeuner, Arbeitsscheue und Fremde. Und weil die Gestapo nun einmal nicht zu verhindern war, taten viele „Volksgenossen“ etwas, das mehr als die bloße Fügung in ein unveränderliches Schicksal war: Sie halfen der Gestapo ihr Handwerk zu verrichten, das mit Beginn des Krieges immer blutiger wurde.

Von Rolf von Ameln

 

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Von am 22/02/2016. Abgelegt unter Spiegel der Zeit. Sie knnen alle Antworten zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0. Kommentare und pings sind derzeit geschlossen.

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