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Zeitgeschichte in den Israel Nachrichten: Das unrühmliche Ende weniger SS-Schergen

Während bis in den Spätsommer 1945 hinein die Jüdische Brigade das Gesetz des Handels selbst in die Hand nahm, um ehemalige KZ-Kommandanten zu jagen, gingen die Alliierten dazu über, die Nazi-Täter auf legalem Wege zur Verantwortung zu ziehen. Zu Beginn der Aktion war ihnen jedoch kein großer Erfolg beschienen. Die meisten SS-Schergen, die beispielsweise in Auschwitz tätig waren, blieben unmittelbar nach dem Zusammenbruch des „Dritten Reiches“ unerkannt. Führende Nazis wie Doktor Mengele und Rudolf Höß wurden zwar festgenommen, mussten aber nach kurzer Z>eit wieder in die Freiheit entlassen werden. Da Doktor Méngele keine Blutgruppentätowierung unter dem Arm trug, war er als SS-Täter nicht zu identifizieren. Höß wiederum, der sich als Angehöriger der Nazi-Kriegsmarine ausgab, wurde erst gar nicht auf eine Blutgruppe hin untersucht. Im Herbst 1945 kamen die Abteilung zur Aufklärung von Kriegsverbrechen der 21th Army Group und der englische Geheimdienst Rudolf Höß auf die Spur.

Nach der Befreiung des KZ Bergen-Belsens konnten sich die Engländer zum ersten Mal ein genaueres Bild von Höß´ Vergangenheit machen. Die systematische Befragung von Überlebenden enthüllte zahlreiche neue Fakten; viele berichteten auf erschütternde Art und Weise über ihre Erlebnisse in einem anderen Lager in Oberschlesien, aus Auschwitz..! Nun beschlossen die Engländer, den Kommandanten dieser Todesfabrik zur Strecke zu bringen. Wie der britische Geheimdienst wusste, bekam man die Täter am ehesten zu fassen, wenn man sich auf ihre Familien konzentrierte. Auch wenn sie – wie viele von ihnen – eine andere Identität angenommen oder sich ins Ausland abgesetzt hatten, so hielten sie meist doch Kontakt zu ihren Frauen und Kindern, und diese waren in der Regel leichter aufzuspüren. So verhielt es sich auch mit Hedwig Höß und ihren Söhnen. Nachdem der englische Geheimdienst die Familie in einem sechs Kilometer von Belsen entfernten Dorf ausfindig gemacht hatte, stellt er sie sofort unter Beobachtung.

Am 8. März 1946 wurde Hedwig Höß verhaftet und einige Tage lang verhört. Man stellte immer wieder die Frage, wo ihr Mann sich aufhalten könne, doch ihre Antwort war immer: „Er ist tot“. Schließlich stellten ihr die Offiziere des Nachrichtendienstes eine Falle: Da hinter dem Gefängnis eine Bahnlinie verlief, sorgte man dafür, dass in Hörweite ihrer Zelle eine Lokomotive rangierte. Hauptmann William „Victor“ Cross, ein Kommandeur der britischen Militärpolizei, berichtete: „Dann sagten wir Frau Höß, dass ihre drei Söhne mit dem Zug nach Sibirien gebracht würden, wenn sie uns nicht den Aufenthaltsort und die Decknamen ihres Mannes verriete. Wenn sie sich weigerte, zu kooperieren, hätte sie genau zwei Minuten Zeit, um sich von ihren Söhnen zu verabschieden… Dann gaben wir ihr Papier und Bleistift und ließen sie etwa zehn Minuten alleine. Zum Glück funktionierte der Trick; sie schrieb uns alle gewünschten Informationen auf und wurde dann mit ihren Söhnen auf freien Fuß gesetzt.“

Hedwig Höß verriet den Briten, dass sich ihr Mann auf einem Bauernhof in Gottrupel in der Nähe von Flensburg versteckt hielt. Die Offiziere des britischen Nachrichtendienstes brachen sofort nach Norddeutschland auf, kontaktierten die dortige englische Militärpolizei vor Ort und trafen am Montag, dem 11. März, um 23:00 Uhr auf dem Hof ein. Sie überraschten Höß im Schlafanzug auf einer Liege in einem Wirtschaftsgebäude, das auch als Haus zum schlachten diente. Ein englischer Militärarzt öffnete Höß mit Gewalt den Mund, um nach einer Giftkapsel zu suchen, sie alle wussten, dass es Himmler im Vorjahr gelungen war, sich auf diese Weise umzubringen und der gerechten Strafe zu entgehen. Ein Feldwebel schlug Höß vier Mal ins Gesicht, bis dieser seine Identität preisgab; dann zerrte man ihn auf eine der Schlachtbänke: „Die Schläge und Schreie nahmen kein Ende“, berichtete einer der anwesenden englischen Soldaten später. Schließlich brüllte der englische Militärarzt Hauptmann Cross an: „Pfeifen Sie sie zurück, wenn sie ihn lebend hier rausbringen wollen!“

Daraufhin legte man Höß eine Decke um, schleifte ihn zu einem draußen wartenden Wagen und brachten ihn zum Hauptquartier der Militärpolizei in Heide. Als sie in den frühen Morgenstunden dort eintrafen, schneite es, doch sie zwangen Höß, nackt über den Hof der Kaserne in seine Zelle zu gehen. Man hielt ihn drei Tage lang wach – die Soldaten hatten Anweisung, ihn mit Axtstielen zu bearbeiten, sobald er einnickte. Höß sagte später aus, man habe ihn auch mit seiner Reitpeitsche geschlagen. Am 14. März unterzeichnete er schließlich ein acht Seiten umfassendes Geständnis! Aufgrund der Misshandlungen, denen Höß unmittelbar nach seiner Festnahme ausgesetzt war, ziehen Holocaust-Leugner noch heute die Glaubwürdigkeit seines Geständnisses in Zweifel. Doch selbst wenn Höß´ erste Aussage unter Druck zustande gekommen sein sollte, so waren es alle weiteren erwiesenermaßen nicht: Es gibt keinerlei Belege dafür, dass er während seiner übrigen Hsftzeit oder späterer Verhöre misshandelt wurde – sei es in „Tomato“ – der Deckname für das Kriegsverbrecher-Gefängnis in der Simeons-Kaserne -, in Nürnberg oder im Laufe seines Prozesses in Polen.

Weder in seiner Autobiographie, die er während seiner Inhaftierung verfasste, noch im Zeugenstand vor einem ordentlichen Gericht widerrief er sein ursprüngliches Geständnis, obgleich er sich sicher genug fühlte, um von den Misshandlungen der englischen Soldaten zu berichten. Im April des Jahres 1947 kehrte Rudolf Höß nach Auschwitz zurück, in das gleiche Gebäude, in dem er einst „gearbeitet“ hatte. Doch diesmal saß er nicht hinter seinem Schreibtisch in seinem Büro im ersten Stock, sondern in einer Gefängniszelle im Keller. Man hielt es nur für angemessen, den Mann, der den Tod von über einer Million Juden zu verantworten hatte, am Ort seines Verbrechens hinzurichten. Doch am Tag der geplanten Vollstreckung kam es zu unvorhergesehenen Entwicklungen. Einige tausend Menschen, darunter ehemalige Lagerinsassen, hatten sich am Zaun vor der Hinrichtungsstätte versammelt, um dem Ereignis beizuwohnen. Allmählich heizte sich die Atmosphäre jedoch auf, und die Menge begann gegen den Holzzaun zu drücken und man stand vor der Frage: Würden die Wachtposten schießen, wenn die Menge vorpreschte?

Als sich die Lage weiter zuspitzte, beschloss man, Höß nicht aus seiner Zelle zu holen, sondern die Situation mit einer List zu entschärfen: Man zog die Wachtposten ab. Dann verließ ein Kraftwagen, von einer Militäreskorte begleitet, das Geländen, so dass man Höß in ihm vermuten musste. Aber man hatte ih nicht fort gebracht: Höß blieb in der Nacht in seiner Zelle und wurde am nächsten Morgen zum Ort seiner Hinrichtung geführt, wo ihn nur eine Handvoll Menschen erwartete. Höß hatte ein schnelles Ende: Strick um den Hals, Klappe auf und Genickbruch. So human endete ein Massenmörder. Doch vorher rechtfertigte er seine Taten mit einem simplen Vergleich: Die Alliierten töten Frauen und Kinder mit Bomben, die Deutschen töten Frauen und Kinder mit Gas.

Zu diesen Argumenten greifen auch in heutigen Tagen noch überlebende NS-Täter und Verteidiger des „Dritten Reiches“, und der Antisemitismus im heutigen Deutschland wächst und wächst. Und jeder Vergleich in Bezug auf die Bombardierung Deutschlands durch die Alliierten, dem pragmatischen Denken der Militärstrategen und leidenschaftlichen Judenhassern wie Adolf Hitler, Reinhard Heydrich und Adolf Eichmann ist absurd.

Von Rolf von Ameln

 

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Von am 26/04/2018. Abgelegt unter Spiegel der Zeit. Sie knnen alle Antworten zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0. Kommentare und pings sind derzeit geschlossen.

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