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Medium der Propagandadiktatur

Die Bedeutung der Spielfilme im Regime der Nationalsozialisten

Gobbels und Hitler waren nicht nur Menschenverächter, sondern auch Menschenkenner, was sie zu geschickter Propaganda befähigt hatte; – und sie waren absolute Film-Fans. Da war es kein Wunder, dass der Film das Medium war, dem das Nazi-Regime die meiste Aufmerksamkeit schenkte. Während Hitler sich Propaganda mit bewegten Bildern so vorstellte, dass „jeder Besucher weiß, heute gehe ich in einen politischen Film“, zog Goebbels, in dessen „Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda“ (RMVP) viele Angehörige der gebildeten Mittelschicht tätig waren, raffiniertere Methoden vor. Die Adressaten sollten gar nicht merken, dass und in welcher Richtung sie beeinflusst wurden. Zu dem Konzept von Goebbels gehörte zudem, zwischen Zielgruppen mit besonderen Mentalitäten und den für sie jeweils geeigneten Medien zu unterscheiden.

Im Film bedeutete die Vielstimmigkeit des Propagandakonzerts, dass die Zensur sich nicht nur um die Wochenschau als optischen Kommentar zum aktuellen Kriegsgeschehen kümmerte, sondern auch um die umfangreiche volkspädagogische Kurzfilmproduktion sowie große „Dokumentationen“ wie Leni Riefenstahls (geb. 1902, verstorben 2003) ästhetisch eindrucksvolle Filme über den Reichsparteitag 1934 und die Olympischen Spiele 1936 in Berlin. Am intensivsten jedoch war das Lenkungsinteresse auf Spielfilme mit großem Publikum gerichtet – sowohl solche, denen die propagandistische Absicht anzumerken war, als auch viele unpolitisch erscheinende Unterhaltungsfilme. Goebbels hatte am 28. Mai 1933 in einer programmatischen Rede vor Filmschaffenden einerseits keinen Zweifel gelassen, dass das neue Regime auch den Film, bis dahin eine privatwirtschaftliche Domäne, an die Kandare nehmen würde. Ausgerechnet an einem russischen Beispiel demonstrierte er seine Ansprüche an die Kombination von künstlerischem Können und nationalsozialistischer Haltung.

Es könne „nirgendwo ein Zweifel bestehen, daß die nationalsozialistische Bewegung in die Wirtschaft und die allgemeinen kulturellen Fragen, also auch in den Film eingreift. Einige Filme haben einen unauslöschlichen Eindruck auf mich gemacht. Zunächst Panzerkreuzer Potemkin. Er ist fabelhaft gemacht, bedeutet eine filmische Kunst ohnegleichen. Das Entscheidende ´Warum´ ist die Gesinnung. Viele Filmschaffende müssen heute einsehen, daß, wenn die Fahne fällt, auch der Träger fällt..! Andererseits hatte der frisch ins Amt gekommene Propagandachef des „Dritten Reiches“ aber auch die Filmwirtschaft und das Publikum beruhigt: „Bringt der Film keine volkstümlichen Stoffe, so wird er die Kinopaläste nicht mehr füllen. Das Schaffen des kleinsten Amüsements, des Tagesbedarfs für die Langeweile und die Trübsal zu produzieren, wollen wir ebenfalls nicht unterdrücken. Man soll nicht von früh bis spät in Gesinnung machen.“

Hardy Krüger im Film Junge Adler. Foto: Archiv/RvAmeln

Hardy Krüger im Film Junge Adler. Foto: Archiv/RvAmeln

Das war zumindest zu dem Zeitpunkt ernst gemeint. Von den etwa 1.200 Spielfilmen, die von 1933 bis 1945 in Nazi-Deutschland produziert wurden, waren achtzig Prozent Kriminal-, Liebes- oder Revuefilme, denen die NS-Tendenz kaum anzumerken war. Dabei wurde auch die Unterhaltungsproduktion lückenlos im Interesse der Herrschaftserhaltung des Regimes und im Sinne der NS-Ideologie kontrolliert. Hier ließ sich Gobbels´ Konzept der unmerklichen Beeinflussung am besten umsetzen. Die umfangreiche Kinounterhaltung der NS-Zeit bot für das deutsche Fernsehen auch später beliebten Programmstoff. Allerdings wurden aus den Streifen mit Heinz Rühmann oder Marika Rökk auf Geheiß der Bundesprüfstelle der Filmwirtschaft (FSK) die Hakenkreuze herausgeschnitten, sodass das Nachkriegspublikum kaum merkte, wann die Filme entstanden waren: in gewisser Weise eine Fortsetzung der Propagandapolitik von Goebbels.

Die Vielfalt der Amtsstellen und Personen, denen die Filmzensur oblag, zeigt mit welcher Energie sich die NS-Führung dem Kino als Propagandamittel zuwandte. Was das Schriftleiter-Gesetz vom 4. Oktober 1933 für die Presse, war das Reichslichtspielgesetz vom 16. Februar 1934 für den Film. Die gesamte Kinoprodunktion unterlag einer mehrfachen Kontrolle. Unter der Oberleitung von Goebbels teilten sich die Vorzensur die RMVP-Abteilung Film, in den letzten Kriegsjahren geleitet von Reichsfilmintendant SS-Gruppenführer Hans Hinkel (1901-1960), sowie die regional weit verzweigte, auch mit der Abspielorganisation befasste Reichsfilmkammer, deren Präsident, seit 1939 Carl Froelich (1875-1953), gleichzeitig Vorsitzender der Filmkreditbank war, die Filmschaffenden günstige Darlehen gewährte oder verwehren konnte. Die fertigen Filme mussten noch von der zentralen Prüfstelle freigegeben werden, und es existierte sogar noch eine Oberprüfstelle für Berufungsfälle.

Während mit dem Büro des Reichsfilmdramaturgen alle Ideen, Treatments und Drehbücher abzustimmen waren, bevor sie Goebbels persönlich vorgelegt wurden, kanalisierte die Reichsfilmkammer die Kinoproduktion mehr mit ökonomischen Mitteln. Goebbels war es ohnehin bereits gelungen, die großen privaten Produktionsgesellschaften wie UFA, Terra und Tobis durch Aktienkäufe faktisch zu verstaatlichen und unter dem Dach der Ufi („Ufa-Film GmbH“) zusammenzufassen. Anders als das Klischee von der „Gleichschaltung“ glauben lässt, sind unter der vielarmigen Kontrolle im Nazi-Regime sehr unterschiedliche Filme zustande gekommen. Propagandafilme mit deutlicher politischer Absicht wurden mit Fortdauer des Krieges seltender. Je weniger Aussichten der militärische Verlauf bot, desto wichtiger wurde es, von der realen Situation durch ein paar Stunden Vergnügen abzulenken. Ein Beispiel für die Abkehr der Propaganda von der offensichtlichen Poltik ist der Jugendfilm.

Während Hans Steinhoffs „Hitlerjunge Quex“ von 1933 (Untertitel: „Ein Film vom Opfergeist der deutschen Jugend“) unverhohlen die HJ verherrlichte und kommunistische Organisationen diffamierte, rutschen Nazi-Symbole in „Junge Adler“, im Krieg geschrieben und gedreht vom späteren „Derrick-Gspann“ Herbert Reinecker/Alfred Weidenmann, nur noch selten ins Bild; die Bereitschaft zum Opfer für die Volksgemeinschaft wird dem jugendlichen Publikum hier unterschwellig eingeimpft. Von der Uraufführung im Mai 1944 bis Kriegsende haben noch zahlreiche 15-jährige ihr Leben begeistert für „Führer, Volk und Vaterland“ hingegeben. Über diesen schändlichen Betrug an der Jugend hat erst Bernhard Wicki 1959 mit „Die Brücke“ visuell angemessen aufgeklärt. In den letzten zwei Kriegsjahren griff Goebbels noch einmal auf alternde Schauspieler zurück, und das demonstrierte, wie konsequent sich die Nazi-Propaganda Traditionen zunutze machte.

Sie nahm damit eine Einsicht der späteren Medienforschung vorweg: dass man beim Publikum mit Neuem nur ankommen kann, wenn man es mit Bekanntem mischt und so die Erwartungen er Zuschauer erfüllt. Das praktizierte Goebbels nicht nur mit historischen Stoffen, sondern auch mit Symbolen der Jugendbewegung oder mir prominenten Personen.
Und das bis zum bitteren Ende des „Dritten Reiches“.

Von Rolf von Ameln

Redaktion Israel-Nachrichten. org

 

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Von am 16/02/2015. Abgelegt unter Spiegel der Zeit. Sie knnen alle Antworten zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0. Kommentare und pings sind derzeit geschlossen.

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